Verband der Ersatzkassen e. V.|20.03.2024

PRESSEMITTEILUNG

Medizinforschungsgesetz
Geplante Regelungen zu "vertraulichen" Erstattungsbeträgen bei patentgeschützten Arzneimitteln stoppen

Berlin (kkdp)·"Die geplante Wahlmöglichkeit der Pharmaindustrie für ´vertrauliche´ Erstattungsbeträge bei neuen patentgeschützten Arzneimitteln lehnen wir ab", erklärt Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek), anlässlich der anstehenden Beschlussfassung für ein Medizinforschungsgesetz im Bundeskabinett. "Die Neuregelung ist ein Bürokratiemonster und birgt neue Kostenrisiken für die beitragszahlenden Versicherten und Arbeitgeber. Darüber hinaus verhindern die geplanten ´vertraulichen´ Erstattungsbeträge die europaweite Transparenz für Kostenträger. Dies führt faktisch zu einer Entsolidarisierung der sozialen Sicherungssysteme in Europa."

Kostensteigerungen durch überbordende Bürokratie

Um die Verhandlungsposition der pharmazeutischen Hersteller bei neuen patentgeschützten Arzneimitteln auf dem europäischen Markt zu verbessern, sieht der Gesetzentwurf aktuell als Wahloption vor, dass künftig die mit dem GKV-Spitzenverband verhandelten Erstattungsbeträge geheim bleiben. Die pharmazeutischen Unternehmen rechnen dann zunächst ihren gelisteten Wunschpreis ab und gleichen die Differenz zum tatsächlichen Abgabepreis inklusive Handelsaufschläge und Umsatzsteuer nachträglich aus. Damit geht die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) finanziell in Vorleistung und trägt das Inkasso-Risiko. Die Bürokratieaufwände für jährlich bis zu 40 neue patentgeschützte Medikamente nehmen durch ein komplexes Rückerstattungsverfahren erheblich zu.

Höhere Zuzahlungen belasten Versicherte

Darüber hinaus soll der GKV-Spitzenverband ein Auskunftssystem aufbauen, um Krankenhäusern oder Patientinnen und Patienten, die Selbstzahler sind, Auskunft über den vereinbarten Erstattungsbetrag zu geben. Diese könnten sich dann zu viel gezahltes Geld bei den Pharmaherstellern zurückholen. "Viele Versicherte werden nicht einmal wissen, dass sie einen entsprechenden Anspruch haben", so Elsner. "Aber auch beim Sachleistungsprinzip werden die Versicherten durch vertrauliche Erstattungsbeträge zusätzlich belastet, wenn durch den höheren Wunschpreis des Pharmaherstellers höhere Zuzahlungen anfallen. Nicht nachvollziehbar ist weiter, dass die GKV auch Auskünfte an Privatversicherte und Beihilfeberechtigte geben soll."

Importförderklausel, regionale Ausgabensteuerung und AMNOG-Verhandlungen verlieren an Wirkung

Höchst problematisch sei ferner, dass durch die geplanten Neuregelungen auch wichtige Preissteuerungsmechanismen an Wirkung verlieren. Arztpraxen können keine Auswahl zugunsten wirtschaftlicher Arzneimittel treffen, wenn sie keine Kenntnis mehr über die tatsächlichen Preise haben. Es entfällt für diese Arzneimittel zudem die sogenannte Importförderklausel, die Apotheken dazu verpflichtet, preisgünstige Import-Arzneimittel abzugeben. Auswirkung haben die "vertraulichen" Erstattungsbeträge auch auf das bewährte AMNOG-Verfahren. "Bislang werden die Kosten zweckmäßiger Vergleichstherapien oder vergleichbarer Arzneimittel bei der Preisvereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband und einem Pharmahersteller herangezogen. Wenn für diese künftig geheime Preise gelten, fällt der sogenannte ´Preisanker´ höher aus, sodass die Ausgaben für neue patentgeschützte Arzneimittel im gleichen Indikationsbereich steigen - das finanzielle Nachsehen haben die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler", betont Elsner.

Pressekontakt:

Michaela Gottfried
Tel.: 030/26931-1200
E-Mail: michaela.gottfried@vdek.com


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