DAK-Gesundheit|04.11.2025
PRESSEMITTEILUNG
DAK-Report: Pflegesystem steht am Kipppunkt
Hamburg (kkdp)·04.11.2025
Pflege in der Krise: 30 Jahre nach Gründung der sozialen Pflegeversicherung (SPV) schwindet das Vertrauen ins deutsche Pflegesystem. Knapp zwei Drittel der Bevölkerung bewerten die Versorgung derzeit als nicht oder gar nicht gut. 46 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung innerhalb der nächsten zehn Jahre. Die Finanzierung wird als größtes Problem genannt. Fast 90 Prozent der Menschen fordern, dass die Pflege in Deutschland "für alle bezahlbar" werden müsse. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Meinungsbefragung des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) im Rahmen des aktuellen Pflegereports der DAK-Gesundheit. Die Studie erscheint kurz nachdem die von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken eingesetzte Bund-Länder-Kommission "Zukunftspakt Pflege" ihren Zwischenbericht vorgelegt hat. DAK-Vorstandschef Andreas Storm sieht das Pflegesystem "an einem Kipppunkt" und fordert eine nachhaltige Finanzierungreform und eine zukunftsfeste Pflegeinfrastruktur.
"Wir stehen in der Pflege an einem Kipppunkt: Das Vertrauen der Menschen in das Pflegesystem ist äußerst gering und droht wegzubrechen. Viele Menschen nehmen das System als schlecht, ungerecht und überfordernd wahr", sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Die Ergebnisse der Umfrage, für die das Institut für Demoskopie Allensbach gemeinsam mit Studienleiter Prof. Dr. Thomas Klie im Oktober über 4.400 Menschen zwischen 16 und 75 Jahren in Deutschland befragt hat, zeigen klar die Erwartungen, Ängste und Herausforderungen der Bevölkerung auf. Demnach sehen 72 Prozent die Finanzierung der Pflegeversicherung als nicht gesichert an.
Die Mehrheit der Menschen sieht zudem die Pflegeversorgung gefährdet: 62 Prozent der Befragten empfinden diese als nicht gut oder gar nicht gut, 46 Prozent gehen davon aus, dass sich die Situation in den kommenden zehn Jahren weiter verschlechtert. Die größten Probleme sehen die Befragten im Bereich der Finanzierung: 70 Prozent der Befragten nennen an erster Stelle die hohen Kosten für Pflegebedürftige und ihre Familien bei stationärer Pflege. Es folgen mit 68 Prozent der Personalmangel und fehlende Pflegekräfte. 64 Prozent sehen eine nachhaltige Finanzierung des gesamten Pflegesystems als besonders dringlich an. Ebenso viele Befragte haben Zweifel, im Falle einer Pflegebedürftigkeit in ihrer Region eine gute qualitative Unterstützung zu erhalten.
Neun von zehn Befragten (87 Prozent) sehen es als wichtigstes Ziel, die Pflege für alle Menschen bezahlbar zu machen. 79 Prozent erwarten eine langfristige Sicherung der Finanzierung. Für 73 Prozent ist die Deckelung der Pflegeheimplatzkosten wichtig, während 71 Prozent sich eine Vereinfachung des Leistungssystems wünschen. Die große Mehrheit (83 Prozent) der Befragten erlebt es als ungerecht, nach langjähriger Einzahlung in die Pflegeversicherung bei Pflegebedarf nicht ausreichend abgesichert zu sein. Genauso viele sind überzeugt, dass die Pflege für viele Menschen schlicht nicht mehr bezahlbar ist. Knapp drei Viertel fürchten durch die Kosten überfordert zu werden, sollten sie selbst pflegedürftig werden. Fast genauso viele Menschen setzen Pflege mit einem Armutsrisiko für Pflegebedürftige und ihre Familien gleich.
Die umfassende Allensbach-Studie macht deutlich, dass die Bevölkerung große Erfahrungen mit dem deutschen Pflegesystem hat. Jeder Zweite hat Angehörige, Freunde oder Nachbarn, die aktuell oder in den vergangenen zehn Jahren gepflegt wurden. Acht von zehn Befragten gehen davon aus, dass viele Menschen mit der Pflege ihrer Angehörigen überfordert sind. "Pflege ist für die Bevölkerung ein Nahthema: 16,6 Millionen Menschen in Deutschland kümmern sich als Angehörige, Nachbarn und Freunde um Pflegebedürftige", sagt die renommierte Meinungsforscherin Prof. Dr. Renate Köcher. "Die pflegenden Angehörigen erbringen enorme Leistungen, ohne die der Staat mit der Herausforderung, Pflege zu leisten und Pflege abzusichern, havarieren würde. Umso wichtiger ist es, neben diesen privaten Strukturen intakte gesellschaftliche Strukturen zu haben und Pflegende zu unterstützen."
Für den Studienleiter des DAK-Pflegereports, Prof. Dr. Thomas Klie (Institut AGP Sozialforschung), sind die Allensbach-Ergebnisse zur Versorgung auch ein klarer Handlungsauftrag an die Mitglieder der Bund-Länder-Kommission "Zukunftspakt Pflege". Laut Befragung begrüßen 88 Prozent der Menschen die Entstehung von weiteren Pflegestützpunkten, in denen Beratung und fachpflegerische Begleitung angeboten werden. Klie: "Die pflegefachliche Begleitung ist ein zentraler Reformbaustein, der sowohl im Zukunftspakt Pflege als auch in der Bevölkerung favorisiert wird: Pflegefachpersonen spielen eine Schlüsselrolle in der Sicherung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung."
Um die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung auf ein zukunftssicheres Fundament zu stellen, sieht die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger den Staat in der Pflicht: 56 Prozent finden, es sollten staatliche Zuschüsse oder Steuermittel eingesetzt werden, um die Absicherung von Pflegebedürftigen sicherzustellen. 47 Prozent halten eine Beitragserhöhung für vermögende oder gutverdienende Menschen für den richtigen Weg. Fast ebenso viele (46 Prozent) finden, Vermögende sollten im Pflegefall stärker an den Pflegekosten beteiligt werden. Allerdings spricht sich die Mehrheit in puncto Heimkosten klar für Vermögensschutz aus: Den Einsatz des eigenen Vermögens, um Kosten für stationäre Pflege zu decken, halten nur 27 Prozent für richtig. Fast zwei Drittel sind dagegen, dass eigene Haus im Bedarfsfall verkaufen zu müssen. Ein klares Meinungsbild gibt es auch zur Überlegung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, eine verpflichtende Pflegezusatzversicherung einzuführen: Nur eine Minderheit (21 Prozent) befürwortet dies.
DAK-Chef Storm: "Hier wird deutlich, dass die Idee, den Menschen über die Beitragszahlung für die Pflegeversicherung hinaus eine private Vorsorge verpflichtend aufzuerlegen, keine Akzeptanz findet." Eine stärkere Förderung für die private Vorsorge finden hingegen 41 Prozent sinnvoll.
Aus Sicht von Studienleiter Prof. Dr. Thomas Klie zeigen die Umfrageergebnisse ein Dilemma auf: "Beim Thema Finanzierung der Pflege ist die Bevölkerung ähnlich ratlos wie die Bundesregierung: am liebsten Vollversicherung, aber kosten darf es nicht mehr - auch nicht für die nachfolgenden Generationen."
Für DAK-Vorstandschef Andreas Storm liegt der Fokus jetzt auf der Arbeit der Bund-Länder-Kommission Pflege: "Die Allensbach-Befragung macht deutlich: Die Menschen erwarten eine funktionsfähige Pflegeversicherung, die sie ausreichend, verlässlich und bezahlbar absichert. Gleichzeitig gibt es eine große Skepsis, ob der große Wurf zur Pflegereform gelingen kann. Es muss deshalb jetzt oberste Priorität der Kommission sein, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die zumindest den Einstieg in eine nachhaltige Finanzierung und eine zukunftsfeste Pflegeinfrastruktur sicherstellen. Ein Scheitern wäre verhängnisvoll und würde zu einem großen Vertrauensverlust in die politische Handlungsfähigkeit führen."
Aktuelle Allensbach-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit zeigt Erwartungen der Menschen an große Pflegereform
Zwei Drittel der Befragten sehen Pflegeversorgung gefährdet
Finanzprobleme sind Top-Thema: 90 Prozent fordern ein bezahlbares Pflegesystem für alle
DAK-Chef Andreas Storm fordert von Pflege-Kommission Finanzierungreform und zukunftssichere Pflegeinfrastruktur
Pflege in der Krise: 30 Jahre nach Gründung der sozialen Pflegeversicherung (SPV) schwindet das Vertrauen ins deutsche Pflegesystem. Knapp zwei Drittel der Bevölkerung bewerten die Versorgung derzeit als nicht oder gar nicht gut. 46 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung innerhalb der nächsten zehn Jahre. Die Finanzierung wird als größtes Problem genannt. Fast 90 Prozent der Menschen fordern, dass die Pflege in Deutschland "für alle bezahlbar" werden müsse. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Meinungsbefragung des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) im Rahmen des aktuellen Pflegereports der DAK-Gesundheit. Die Studie erscheint kurz nachdem die von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken eingesetzte Bund-Länder-Kommission "Zukunftspakt Pflege" ihren Zwischenbericht vorgelegt hat. DAK-Vorstandschef Andreas Storm sieht das Pflegesystem "an einem Kipppunkt" und fordert eine nachhaltige Finanzierungreform und eine zukunftsfeste Pflegeinfrastruktur.
"Wir stehen in der Pflege an einem Kipppunkt: Das Vertrauen der Menschen in das Pflegesystem ist äußerst gering und droht wegzubrechen. Viele Menschen nehmen das System als schlecht, ungerecht und überfordernd wahr", sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Die Ergebnisse der Umfrage, für die das Institut für Demoskopie Allensbach gemeinsam mit Studienleiter Prof. Dr. Thomas Klie im Oktober über 4.400 Menschen zwischen 16 und 75 Jahren in Deutschland befragt hat, zeigen klar die Erwartungen, Ängste und Herausforderungen der Bevölkerung auf. Demnach sehen 72 Prozent die Finanzierung der Pflegeversicherung als nicht gesichert an.
Die Mehrheit der Menschen sieht zudem die Pflegeversorgung gefährdet: 62 Prozent der Befragten empfinden diese als nicht gut oder gar nicht gut, 46 Prozent gehen davon aus, dass sich die Situation in den kommenden zehn Jahren weiter verschlechtert. Die größten Probleme sehen die Befragten im Bereich der Finanzierung: 70 Prozent der Befragten nennen an erster Stelle die hohen Kosten für Pflegebedürftige und ihre Familien bei stationärer Pflege. Es folgen mit 68 Prozent der Personalmangel und fehlende Pflegekräfte. 64 Prozent sehen eine nachhaltige Finanzierung des gesamten Pflegesystems als besonders dringlich an. Ebenso viele Befragte haben Zweifel, im Falle einer Pflegebedürftigkeit in ihrer Region eine gute qualitative Unterstützung zu erhalten.
Neun von zehn Befragten (87 Prozent) sehen es als wichtigstes Ziel, die Pflege für alle Menschen bezahlbar zu machen. 79 Prozent erwarten eine langfristige Sicherung der Finanzierung. Für 73 Prozent ist die Deckelung der Pflegeheimplatzkosten wichtig, während 71 Prozent sich eine Vereinfachung des Leistungssystems wünschen. Die große Mehrheit (83 Prozent) der Befragten erlebt es als ungerecht, nach langjähriger Einzahlung in die Pflegeversicherung bei Pflegebedarf nicht ausreichend abgesichert zu sein. Genauso viele sind überzeugt, dass die Pflege für viele Menschen schlicht nicht mehr bezahlbar ist. Knapp drei Viertel fürchten durch die Kosten überfordert zu werden, sollten sie selbst pflegedürftig werden. Fast genauso viele Menschen setzen Pflege mit einem Armutsrisiko für Pflegebedürftige und ihre Familien gleich.
Die umfassende Allensbach-Studie macht deutlich, dass die Bevölkerung große Erfahrungen mit dem deutschen Pflegesystem hat. Jeder Zweite hat Angehörige, Freunde oder Nachbarn, die aktuell oder in den vergangenen zehn Jahren gepflegt wurden. Acht von zehn Befragten gehen davon aus, dass viele Menschen mit der Pflege ihrer Angehörigen überfordert sind. "Pflege ist für die Bevölkerung ein Nahthema: 16,6 Millionen Menschen in Deutschland kümmern sich als Angehörige, Nachbarn und Freunde um Pflegebedürftige", sagt die renommierte Meinungsforscherin Prof. Dr. Renate Köcher. "Die pflegenden Angehörigen erbringen enorme Leistungen, ohne die der Staat mit der Herausforderung, Pflege zu leisten und Pflege abzusichern, havarieren würde. Umso wichtiger ist es, neben diesen privaten Strukturen intakte gesellschaftliche Strukturen zu haben und Pflegende zu unterstützen."
Für den Studienleiter des DAK-Pflegereports, Prof. Dr. Thomas Klie (Institut AGP Sozialforschung), sind die Allensbach-Ergebnisse zur Versorgung auch ein klarer Handlungsauftrag an die Mitglieder der Bund-Länder-Kommission "Zukunftspakt Pflege". Laut Befragung begrüßen 88 Prozent der Menschen die Entstehung von weiteren Pflegestützpunkten, in denen Beratung und fachpflegerische Begleitung angeboten werden. Klie: "Die pflegefachliche Begleitung ist ein zentraler Reformbaustein, der sowohl im Zukunftspakt Pflege als auch in der Bevölkerung favorisiert wird: Pflegefachpersonen spielen eine Schlüsselrolle in der Sicherung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung."
Um die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung auf ein zukunftssicheres Fundament zu stellen, sieht die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger den Staat in der Pflicht: 56 Prozent finden, es sollten staatliche Zuschüsse oder Steuermittel eingesetzt werden, um die Absicherung von Pflegebedürftigen sicherzustellen. 47 Prozent halten eine Beitragserhöhung für vermögende oder gutverdienende Menschen für den richtigen Weg. Fast ebenso viele (46 Prozent) finden, Vermögende sollten im Pflegefall stärker an den Pflegekosten beteiligt werden. Allerdings spricht sich die Mehrheit in puncto Heimkosten klar für Vermögensschutz aus: Den Einsatz des eigenen Vermögens, um Kosten für stationäre Pflege zu decken, halten nur 27 Prozent für richtig. Fast zwei Drittel sind dagegen, dass eigene Haus im Bedarfsfall verkaufen zu müssen. Ein klares Meinungsbild gibt es auch zur Überlegung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, eine verpflichtende Pflegezusatzversicherung einzuführen: Nur eine Minderheit (21 Prozent) befürwortet dies.
DAK-Chef Storm: "Hier wird deutlich, dass die Idee, den Menschen über die Beitragszahlung für die Pflegeversicherung hinaus eine private Vorsorge verpflichtend aufzuerlegen, keine Akzeptanz findet." Eine stärkere Förderung für die private Vorsorge finden hingegen 41 Prozent sinnvoll.
Aus Sicht von Studienleiter Prof. Dr. Thomas Klie zeigen die Umfrageergebnisse ein Dilemma auf: "Beim Thema Finanzierung der Pflege ist die Bevölkerung ähnlich ratlos wie die Bundesregierung: am liebsten Vollversicherung, aber kosten darf es nicht mehr - auch nicht für die nachfolgenden Generationen."
Für DAK-Vorstandschef Andreas Storm liegt der Fokus jetzt auf der Arbeit der Bund-Länder-Kommission Pflege: "Die Allensbach-Befragung macht deutlich: Die Menschen erwarten eine funktionsfähige Pflegeversicherung, die sie ausreichend, verlässlich und bezahlbar absichert. Gleichzeitig gibt es eine große Skepsis, ob der große Wurf zur Pflegereform gelingen kann. Es muss deshalb jetzt oberste Priorität der Kommission sein, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die zumindest den Einstieg in eine nachhaltige Finanzierung und eine zukunftsfeste Pflegeinfrastruktur sicherstellen. Ein Scheitern wäre verhängnisvoll und würde zu einem großen Vertrauensverlust in die politische Handlungsfähigkeit führen."
Pressekontakt:
Rüdiger Scharf
Chef-Pressesprecher
Tel.: 040 2364 855 9411
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