Transparenz mit Lücken
Vorstandsbezüge: Pflicht zur Veröffentlichung gilt für Kassenverbände nur teilweise
08.03.2024·Gesetzliche Krankenkassen müssen die Vergütungen ihrer Vorstände jährlich veröffentlichen. Nach gleichem Muster melden regelmäßig die Verbände der Orts- (AOK) und Ersatzkassen die Bezüge ihrer Vorstände auf Bundesebene. Anders bei den Vertretungen der Betriebs- (BKK) und Innungskrankenkassen (IKK). Hier gibt es keine Transparenz bei den Bezügen. Ursache für die Ungleichheit ist nicht etwa ein rechtlicher Grund.
Unterschiedliche Rechtslage bei Kassenverbänden
Gesetzlich zur Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen verpflichtet sind neben den Krankenkassen auch die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (kurz: GKV-Spitzenverband). Die Interessenvertretungen der einzelnen Kassenarten auf Bundesebene, der AOK-Bundesverband GbR, der Ersatzkassenverband vdek e.V., der BKK Dachverband e.V. und der IKK e.V. sind dagegen privatrechtlich als eingetragene Vereine (e.V.) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert und sozialrechtlich als "Arbeitsgemeinschaften" der Krankenkassen einzustufen. Eine gesetzliche Pflicht zur Veröffentlichung der Vorstandsbezüge besteht für sie nicht. In der Praxis gibt es jedoch auch hier Unterschiede.
AOK- und Ersatzkassenverband für Transparenz
Auch ohne Verpflichtung veröffentlichen der AOK-Bundesverband und der vdek regelmäßig zum 01.03. ihre Vorstandsbezüge in der für Krankenkassen vorgeschriebenen Form. Gegenüber kkdirekt erklärt hierzu ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes: "Der Geschäftsführende Vorstand des AOK-Bundesverbandes hat sich von Beginn an zu einer freiwilligen Veröffentlichung entschieden, weil er der Auffassung ist, dass gemäß seiner Rolle und Stellung innerhalb der AOK-Gemeinschaft die gleichen Transparenzanforderungen gelten müssen wie für die Vorstände seiner Gesellschafter" (den Ortskrankenkassen). Ähnliches gilt für den Ersatzkassenverband: "Die Arbeit des vdek wird durch die Ersatzkassen finanziert. Die für die Ersatzkassen an diesem Punkt geltenden Regelungen wenden wir daher auch für den vdek an", erklärt eine Sprecherin des vdek.
Vertretungen der IKK und BKK ohne Transparenz
Sowohl der IKK e.V. als gemeinsame Interessenvertretung der Innungskrankenkassen auf Bundesebene als auch der Dachverband der Betriebskrankenkassen machen dagegen keine Angaben zu den von ihnen gezahlten Vorstands- bzw. Geschäftsführervergütungen. Dabei berufen sie sich auf die nicht vorhandene Verpflichtung zur Transparenz. Beide Institutionen werden - wie auch der AOK-Bundesverband und der vdek, von ihren Mitgliedern, also den IKKn bzw. BKKn getragen und damit aus Beitragsgeldern der GKV finanziert. So erhebt der IKK e.V. zusätzlich zu einem Sockelbeitrag eine Umlage von den Innungskrankenkassen, die sich in ihrer Höhe an der Zahl der jeweiligen IKK-Mitglieder orientiert. Laut Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) für das Jahr 2022 betrugen die Vereinsbeiträge und Umlagen insgesamt rund 2,15 Millionen Euro. Gut 860.000 Euro davon wurden für die Vergütungen der Arbeitnehmer des Vereins aufgewendet. Inklusive Vorstand und Geschäftsführung sind dies laut aktueller Website 17 Mitarbeitende.
Auf Nachfrage erklärte eine Sprecherin des IKK e.V. hierzu gegenüber kkdirekt: "Wenn Institutionen aus dem Bereich der GKV freiwillig eine Veröffentlichung vornehmen, so ist das ihre Entscheidung. Derzeit sehen wir uns nicht veranlasst, eine Veröffentlichung vorzunehmen." Der BKK Dachverband äußert sich trotz Anfrage nicht zum Thema. Der Vorgang sei zur Prüfung in der juristischen Fachabteilung, so eine Sprecherin des Verbandes am 07.03.2024 gegenüber kkdirekt. In der GuV der BKK-Dachorganisation werden die Löhne und Gehälter lediglich mit einer Gesamtsumme (2022: rd. 5,4 Millionen Euro) ausgewiesen.
Kassen tragen Intransparenz ihrer Verbände mit
Während verschiedene Betriebs- und Innungskrankenkassen die Bedeutung der Transparenz auch gegenüber ihren Versicherten betonen und regelmäßig Transparenzberichte vorlegen, gestehen sie den von ihnen finanzierten Interessenvertretungen auf Bundesebene eine gewisse Intransparenz zu. Vor dem Hintergrund, dass sie als Mitglieder der Vereine entsprechenden Einfluss nehmen könnten, erscheint dies in Bezug auf die Durchgängigkeit der Transparenz wie ein Widerspruch.
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