Honorarverhandlungen 2024

Ärzte fordern Ausfallgebühr für unabgesagte Patiententermine

08.08.2023·Kurz vor den am Mittwoch (09.08.2023) für 2024 startenden Honorarverhandlungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband fordert die Ärzteseite von den Kassen eine Ausfallgebühr für Termine, die von gesetzlich versicherten Patienten ohne Absage nicht eingehalten werden.

70 Prozent der Arztpraxen in Deutschland haben Probleme mit unabgesagten Terminen. Das geht nach einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) aus einer ihr vorliegenden Online-Umfrage der KBV hervor. Bei vier von zehn der betroffenen Praxen gehe es um 5 bis 10 Prozent aller Termine, an denen Patienten nicht kommen. In zahlreichen Praxen liege der Anteil sogar bei 10 bis 20 Prozent. Für die Ärzte sei dies besonders ärgerlich, so KBV-Chef Andreas Gassen: "Praxen können Termine ja nicht zweimal vergeben. Die Termine sind geblockt und stehen dann für andere Patienten nicht zur Verfügung." Um den Schaden für die Praxen zu begrenzen, forderte Gassen eine "von den Kassen zu entrichtende Ausfallgebühr, wenn deren Versicherte Termine vereinbaren und dann nicht wahrnehmen".

Kritik am Terminmanagement der Praxen

Auf Kassenseite stößt die Forderung der KBV auf Ablehnung. Zwar könne man den Ärger vieler Arztpraxen über nicht abgesagte beziehungsweise wahrgenommene Arzttermine gut nachvollziehen, heißt es im AOK-Bundesverband. Mit Blick auf die vielen anderen Patienten, die wochen-, ja monatelang auf Arzttermine warten müssten, sei das höchst unsolidarisch. Um die Termintreue zu erhöhen, eigneten sich jedoch ein gutes Terminmanagement und elektronische Erinnerungsservices im Vorfeld mehr als eine Ausfallgebühr zu Lasten der Versichertengemeinschaft.

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes löse "ein immer tieferer Griff in die Taschen der Beitragszahlenden" keine Probleme. "Stattdessen wäre es nur ein weiterer Zusatzverdienst für eine Berufsgruppe, die schon jetzt zu den Spitzenverdienern gehört. Wie wäre es denn mit einem finanziellen Ausgleich für Patientinnen und Patienten, die viele Stunden Lebenszeit in Warteschleifen und Wartezimmern ärztlicher Praxen verbringen?", so eine Sprecherin des Verbandes.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz verweist auf die teils schlechte Erreichbarkeit und auf geringe Präsenzzeiten in den Praxen. "Der Kassenärztechef sollte sich zunächst um die Überprüfung der Präsenzzeiten seiner Mitglieder kümmern", kritisiert Eugen Brysch, Vorstand der Deutsche Stiftung Patientenschutz, gegenüber dem Branchendienst Apotheke Adhoc. "Schließlich ist die mangelnde Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten das größte Problem", so Brysch.

Factsheet zum Einkommen niedergelassener Ärzte

Der Verband niedergelassener Ärzte, Virchowbund, wirft den Kassen durch die Verwendung von Schlüsselwörtern wie "Spitzenverdiener" Ablenkungsmanöver und Diskussionsverweigerung vor. Probleme wie Fachkräftemangel, Inflation, Energiekosten und Umsatzeinbußen durch den Wegfall der Neupatientenregelung würden bei Verhandlungen nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Dass niedergelassene Ärzte keine Spitzenverdiener seien, soll nun ein Factsheet des Verbandes verdeutlichen. Verwiesen wird dabei auf eine Berechnung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi Berlin) für das Jahr 2020. Einem Praxisinhaber, der mit 172.903 Euro genau den durchschnittlichen Jahresüberschuss erzielte, verblieb demnach unter Berücksichtigung der Beiträge zur ärztlichen Altersvorsorge, zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Einkommenssteuer ein Nettoeinkommen in Höhe von 85.555 Euro. Dies entspreche einem monatlich verfügbaren Nettoeinkommen in Höhe von 7.130 Euro.

Der GKV-Spitzenverband hat im April 2022 eigene Zahlen zur wirtschaftlichen Situation der Vertragsärzte vorgelegt. Demnach liegen die Einkünfte teils deutlich höher (vgl. "Links zum Thema").


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