GKV-Finanzentwicklung bis zum 3. Quartal 2022
Krankenkassen verzeichnen erstmals wieder ein moderates Plus
13.12.2022·Die gesetzlichen Krankenkassen haben von Januar bis September 2022 einen Überschuss von rund 195,3 Millionen Euro verbucht. Das moderate Plus folgt auf ein Milliardendefizit in 2021 (-5,8 Milliarden Euro) sowie Fehlbeträgen bis März 2022 (-16 Millionen Euro) und Juni 2022 (-300 Millionen Euro). Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen Ende September 10,2 Milliarden Euro bzw. rund 0,4 Monatsausgaben. Dies geht aus der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) am Montag in Berlin veröffentlichten Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bis einschließlich 3. Quartal 2022 hervor.
Finanzentwicklung nach Kassenarten
Alle Kassenarten haben moderate Überschüsse erwirtschaftet. Die Überschüsse betrugen bei den Innungskrankenkassen 44,2 Millionen Euro, bei den Betriebskrankenkassen 40,7 Millionen Euro, bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse 33,9 Millionen Euro, bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen 32,7 Millionen Euro, bei den Ersatzkassen 31,3 Millionen Euro und bei der Knappschaft 12,6 Millionen Euro.
Ergebnis des Gesundheitsfonds
Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 17.01.2022 über eine Liquiditätsreserve von rund 7,9 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 ein Defizit von 2,1 Milliarden Euro. Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,4 Prozent. Zur Bewältigung der Corona-Pandemie trägt der Bund einen Großteil der Ausgaben für pandemiebedingte Zahlungsverfahren, die aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds vorfinanziert werden. Hierunter fallen insbesondere Aufwendungen für Corona-Testungen und für Impfungen gegen COVID-19 im Rahmen der Coronavirus-Impf- und Testverordnung sowie Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser. Insgesamt wurden rund 19,9 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt und vom Bund refinanziert.
Entwicklungen bei den Ausgaben
Die Krankenkassen verzeichneten in den ersten drei Quartalen 2022 bei einem Versichertenzuwachs von 0,3 Prozent einen absoluten Zuwachs der Leistungsausgaben und Verwaltungskosten von 4,9 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen dabei um 4,8 Prozent, die Verwaltungskosten um 9,3 Prozent. Der sehr deutliche Anstieg der Verwaltungskosten ist weiterhin maßgeblich auf die Bildung von hohen Altersrückstellungen einer einzelnen Krankenkasse im ersten Quartal zurückzuführen und dürfte sich im weiteren Jahresverlauf noch abflachen.
Überproportional stark gestiegen sind die Ausgaben im Bereich der Schutzimpfungen (17,9 Prozent), bei den Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (13,7 Prozent) sowie im Bereich der Fahrkosten (11,2 Prozent). Der Anstieg bei den Schutzimpfungen ist auf die Ausgaben für Impfstoffe und dabei vorrangig auf die Gruppe der Herpes-Zoster-Impfstoffe (Impfungen gegen Gürtelrose) zurückzuführen. Die Kosten für Corona-Impfstoffe fallen nicht darunter; diese wurden im Berichtszeitraum vom Bund und nicht von den Krankenkassen finanziert.
Die Ausgaben für Heilmittel erleben mit 9,6 Prozent weiterhin einen Aufwuchs, der sowohl auf Vergütungsanpassungen zum Beginn dieses Jahres als auch auf die hohen unterjährigen Preisabschlüsse des Vorjahres, zurückzuführen sind.
Im Bereich Krankengeld entwickeln sich die Ausgaben mit 8,5 Prozent überdurchschnittlich. Dazu trägt auch der Anstieg der krankengeldberechtigten Mitglieder bei. Die Aufwendungen für Kinderkrankengeld liegen rund 10 Millionen Euro höher als im Vorjahreszeitraum (entspricht einer Steigerung von 2,6 Prozent).
Der Anstieg der Arzneimittelausgaben lag mit 5,8 Prozent wie auch in den vergangenen Jahren über dem durchschnittlichen Anstieg der gesamten Leistungsausgaben. Ab dem Jahr 2023 sieht das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) Maßnahmen vor, die die Ausgabendynamik im Bereich Arzneimittelausgaben verlangsamen sollen (vgl. "Links zum Thema").
Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind in den ersten drei Quartalen um 3,5 Prozent und damit weniger stark als der Durchschnitt der Leistungsausgaben gestiegen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gesetzliche Korrekturmaßnahmen, welche ungewollte Doppelfinanzierungen für besondere ärztliche Leistungen nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz korrigieren, im 1. Halbjahr 2022 ausgabendämpfend wirkten.
Auch die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen sind mit einem Anstieg von 3,3 Prozent weniger stark als der Durchschnitt aller Leistungsausgaben gestiegen. Dies sei laut BMG vorrangig auf eine stagnierende bzw. rückläufige Mengenentwicklung zurückzuführen. Im Jahr 2020 wurden die Pflegepersonalkosten aus den DRG-Pauschalen ausgegliedert. Diese Ausgaben wuchsen in den ersten neun Monaten um 12,4 Prozent, nachdem die Krankenkassen bereits im Jahr 2021 14 Prozent höhere Ausgaben für Pflegepersonalkosten als noch 2020 verbuchten.
Für das Jahr 2022 konnte der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV durch die Zahlung eines ergänzenden Bundeszuschusses von 14 Milliarden Euro weitestgehend stabilisiert werden. Dieser Zuschuss entfällt in 2023 vollständig. Die ersatzweise mit dem am 12.11.2022 in Kraft getretenen GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geltenden Maßnahmen sind innerhalb der GKV jedoch stark umstritten (vgl. "Links zum Thema"). Für das Jahr 2023 hat das BMG auf Basis der Prognosen des GKV-Schätzerkreises die Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,3 Punkte auf 1,6 Prozent beschlossen (vgl. "Links zum Thema").
- Durchschnittlicher Zusatzbeitragsatz steigt 2023 um 0,3 Punkte auf 1,6 %
- GKV-Schätzerkreis: Finanzrahmen der GKV für 2022/23
- Bundestag beschließt umstrittene GKV-Finanzreform
- Gegen breite Kritik: Kabinett beschließt GKV-Finanzreform
- Sozialversicherungs-Rechengrößen für 2023
- Finanzentwicklung im 1. Halbj. 2022: Kassen-Defizit steigt auf 300 Mio. Euro
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