Bund entzieht GKV Milliarden
IGES-Gutachten zeigt: Gesundheitsausgaben für Bürgergeldbeziehende nur zu gut einem Drittel gedeckt
24.05.2024·Der Bund entzieht den Krankenkassen im Rahmen der Zahlung von Bürgergeld jährlich indirekt knapp 10 Milliarden Euro und entlastet darüber seinen eigenen Haushalt zulasten der Beitragszahlenden. Hierauf weist ein aktuelles IGES-Gutachten im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes hin.
"Durch diese systematische Unterfinanzierung gehen der gesetzlichen Krankenversicherung jedes Jahr Milliardenbeträge verloren", so Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. "Allein im Jahr 2022 haben die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen den Bundeshaushalt so mit 9,2 Milliarden Euro entlastet. Und diese jährliche Unterfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung von Bürgergeldbeziehenden dürfte in den Jahren 2023 und 2024 aufgrund der steigenden Zahl der Leistungsbeziehenden sogar noch höher liegen. Hier spart der Bund zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit einer ausreichenden Finanzierung der von den gesetzlichen Krankenkassen zu gewährenden gesundheitlichen Versorgung der Bürgergeldbeziehenden hätten wir zu Jahresbeginn über Beitragssatzsenkungen sprechen können, statt Beitragssatzerhöhungen umsetzen zu müssen."
"Insgesamt sind im Jahr 2022 lediglich 39 Prozent der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II, inzwischen Bürgergeld, durch die für diesen Personenkreis gezahlten Beiträge gedeckt gewesen", so Dr. Richard Ochmann, Projektleiter Gesundheitspolitik am IGES Institut. "Eine kostendeckende Pauschale hätte fast dreimal höher ausfallen müssen - statt der im Jahr 2022 tatsächlich vom Bund gezahlten Monatspauschale von 108,48 Euro hätte diese dann 311,45 Euro betragen."
Zum Vergleich: Für privat krankenversicherte Bürgergeldbeziehende zahlt der Staat aus Steuermitteln einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von bis zu 421,77 Euro im Monat.
Die Frage der Finanzierung der GKV-Beiträge für Bezieher von Bürgergeld ist aktuell auch Thema im Bundestag. Eine Anfrage an die Bundesregierung vom 11.03.2024 beschäftigt sich mit dem SOLL-IST-Vergleich der Beiträge und den Zusagen der Bundesregierung (vgl. "Links zum Thema"). Unter Federführung des von Minister Karl Lauterbach (SPD) geführten Bundesgesundheitsministeriums (BMG) wurde die Anfrage laut Bundestag zwar am 21.03.2024 beantwortet, bislang aber nicht über das Dokumentations- und Informationssystem des Bundestages veröffentlicht*.
Kranken- und Pflegekassen subventionieren den Bundeshaushalt über versicherungsfremde Leistungen jährlich mit Milliardenbeträgen. Würden Bund und Länder zusammen ihrer Verantwortung zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben nachkommen, entspräche dies einer Entlastung der Kranken- und Pflegeversicherung von rund 48,5 Milliarden Euro (Stand: 2023, vgl. Links zum Thema: "Krankenkassen subventionieren Bundeshaushalt mit Milliarden"). Deutliche Beitragssenkungen wären damit sehr wahrscheinlich.
*) Nachtrag vom 29.05.2024: Die Bundesregierung hat ihre nun auf den 21.05.2024 datierte Antwort heute veröffentlicht. Darin führt sie aus, einen kostendeckenden GKV-Beitrag für Beziehende von Bürgergeld anhand der amtlichen Statistiken nicht ermitteln zu können.
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