Verband der Ersatzkassen e. V.|29.01.2025
PRESSEMITTEILUNG
vdek fordert Stabilitätsoffensive für GKV und SPV: mehr Steuerung, bessere Versorgung, stabile Beiträge
Maßnahmen mit Sofortwirkung für die Finanzen
"Die Aufwärtsspirale bei den Beitragssätzen muss durch ein Sofortgesetz gebremst werden", so Klemens. Die durchschnittlich erhobenen Beitragssätze stiegen seit 2015 von 15,4 auf 17,5 Prozent. Das heißt, dass Versicherte mit durchschnittlichem Einkommen 2015 noch rund 2.850 Euro jährlich für ihren Versicherungsschutz bezahlten, heute werden etwa 3.900 Euro fällig - ein Anstieg von 1.050 Euro oder mehr als einem Drittel. Die GKV habe ein massives Effizienz- und Ausgabenproblem. Für 2025 liegen die Ausgaben mit geschätzt 341 Milliarden Euro deutlich höher als die Einnahmen mit 295 Milliarden Euro. Die Politik habe mit ihrer freigiebigen Gesetzgebung hohe Preissteigerungen für Gesundheitsleistungen veranlasst und Steuerungsinstrumente den Krankenkassen entzogen. Damit sei der Vertragswettbewerb, etwa durch Ausschreibungen bei Hilfsmitteln, zum Erliegen gekommen.
Klemens forderte eine stabilitätsorientierte Ausgabenpolitik als Richtschnur für alle Leistungsbereiche. Konkret heißt das: Ausgaben dürfen nur noch in gleichem Umfang wachsen wie die Einnahmen. Darüber hinaus sollten der GKV die Kosten für versicherungsfremde Leistungen in vollem Umfang erstattet werden. Hierzu zählen die Gesundheitskosten für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger, für Mutterschutz oder Kinderkrankengeld. Allein beim Bürgergeld bestehe eine Finanzierungslücke von neun bis zehn Milliarden Euro. Der Bund dürfe die GKV nicht länger als "Neben-Staatshaushalt" behandeln, wie sich auch bei der Finanzierung des Umbaus der Krankenhauslandschaft zeige. Die Ausgaben für den Transformationsfonds seien aus Steuermitteln zu finanzieren, statt sie den Mitgliedern der GKV und ihren Arbeitgebern anzulasten.
Auch in der SPV seien die Finanzierungsprobleme trotz ständig steigender Beitragssätze nicht gelöst worden, so Klemens. So stiegen die Ausgaben der SPV in den letzten zehn Jahren um rund 140 Prozent, die Einnahmen lediglich um 20 Prozent. Die Rücklagen der SPV würden immer weiter abgebaut und beträgen nur noch 5,3 Milliarden Euro. "Die Pflegeversicherung muss zur Chefsache werden", so Klemens. Neben der Übernahme der Kosten für versicherungsfremde Leistungen fordert der vdek einen Finanzausgleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung. Diese beiden Maßnahmen würden die SPV jährlich um mindestens sechs Milliarden Euro entlasten. Die ebenfallsgeforderte Rückzahlung der pandemiebedingten Zusatzkosten würde einmalig deutlich über fünf Milliarden Euro bringen. Um die Pflegebedürftigen von steigenden Eigenanteilen zu entlasten, sei zudem eine jährliche Dynamisierung der Leistungsbeträge bei den Eigenanteilen in stationären Pflegeeinrichtungen vorzunehmen.
Maßnahmen für bessere Orientierung und Steuerung in der Versorgung
Höhere Ausgaben im ambulanten ärztlichen Bereich - diese werden 2025 insgesamt mehr als 50 Milliarden Euro betragen - hätten die Versorgung in der Wahrnehmung der Versicherten nicht verbessert, betonte die vdek-Vorstandsvorsitzende Elsner. Dies zeige sich deutlich an der Diskussion um lange Wartezeiten und Versorgungsengpässe auf dem Land. "Die Patientinnen und Patienten brauchen klare Anlaufstellen, an die sie sich bei einem medizinischen Problem wenden können." Um die Situation zu verbessern, spricht sich der vdek für die Entwicklung neuer Versorgungsmodelle mit der Ärzteschaft aus, zum Beispiel mit obligatorischer telefonischer Ersteinschätzung durch Hausarzt- und Facharztpraxen sowie Telemedizin. Zudem müssten GKV und Ärzteschaft ein gemeinsames Online-Terminportal zur schnellerenTerminvergabe aufbauen.
Mehr Steuerung und Orientierung bräuchten die Versicherten auch dringend in der Notfallversorgung. Die längst konsentierte Reform müsse rasch umgesetzt werden. Gleichzeitig sollten die Strukturen des Rettungsdienstes reformiert werden. Dazu gehört eine stärkere Konzentration der Rettungsleitstellen und deren Ausbau zu Gesundheitsleitstellen, die Versicherte nicht nur ins Krankenhaus, sondern auch in die ambulante, akut psychische oder pflegerische Versorgung vermitteln.
Um die explodierenden Arzneimittelausgaben - 2025 geschätzt 58 Milliarden Euro - zu stoppen, möchte der vdek vor allem die Preise für neue patentgeschützte Arzneimittel anpassen. "Zehn Prozent der abgegebenen Arzneimittel verursachen derzeit 50 Prozent der Ausgaben. Wir brauchen daher Instrumente für faire Arzneimittelpreise. Vorbild könnte das Fair-Pricing-Model sein." Maßstab für die Preisgestaltung sind dabei Kriterien wie die Kosten für Forschung und Entwicklung. Nach Berechnungen der Universität Bremen liegen die Preise aktuell doppelt bis 13-mal so hoch wie der Preis nach diesem Preisfindungsmodell. Daneben fordert der vdek eine Nutzenbewertung ohne Ausnahmen auch für Orphan Drugs, Erstattungsbeträge im Rahmen des AMNOG bereits bei Markteintritt, höhere Herstellerabschläge und den Ausbau von Versorgungsverträgen (statt Einschränkungen bei Rabattverträgen).
Im Krankenhausbereich - größter Ausgabenblock, 2025 mit geschätzt 107 Milliarden Euro - komme es jetzt entscheidend auf die Umsetzung der Krankenhausreform an, "ob die Versorgung tatsächlich besser oder nur teurer wird." Elsner forderte Bund und Länder auf, die Versorgungsqualität in den Mittelpunkt zu stellen anstelle von Besitzstandswahrung. Die gemeinsame Selbstverwaltung solle nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens aktiv in den Planungsprozess für bedarfsgerechte Strukturen eingebunden werden. Das gelte auch für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bei der Festsetzung von Qualitätsanforderungen. Es bedürfe zudem eines klaren Bekenntnisses der Politik, die Kosten des Transformationsfonds aus Steuermitteln zu finanzieren.
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Michaela Gottfried
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