Wissenschaftliches Institut der AOK|18.12.2024
PRESSEMITTEILUNG
Verdoppelung der Kosten für Heilmitteltherapien innerhalb von zehn Jahren
Knapp 4,4 Milliarden Euro wurden 2023 für Heilmitteltherapien von AOK-Versicherten abgerechnet. Im Vergleich zu den Heilmittelausgaben vor zehn Jahren haben sich die Kosten mehr als verdoppelt. Der aktuelle Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt, dass der Anstieg weder durch die Anzahl der behandelten Patientinnen und Patienten noch durch eine Intensivierung der Therapien erklärt werden kann. Er ist nahezu ausschließlich von den gestiegenen Preisen für die Behandlungen der Physio-, Ergo-, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie sowie der Podologie verursacht worden.
Im Jahr 2014 lag der Umsatz von Heilmitteltherapien, mit denen AOK-Versicherte versorgt wurden, bei 2,06 Milliarden Euro. Zehn Jahre später wurde in der Heilmittelversorgung mit 4,39 Milliarden Euro mehr als doppelt so viel umgesetzt. Demgegenüber ist die Zahl der Verordnungen in den letzten zehn Jahren nur um 5,7 Prozent gestiegen und die Zahl der AOK-versicherten Patientinnen und Patienten stieg lediglich um 4 Prozent. Rückgänge der verordneten Heilmittelleistungen waren insbesondere während der Covid-19-Pandemie zu beobachten. Auch im Jahr 2023 ist mit 13,5 Millionen Verordnungen der Vor-Pandemie-Wert von 13,7 Millionen Heilmittelverordnungen noch nicht erreicht worden.
Die durchschnittlichen Kosten je Heilmittelverordnung beliefen sich im vergangenen Jahr auf 324,68 Euro. Sie lagen damit doppelt so hoch wie vor zehn Jahren (2014: 161,35 Euro. Die höchsten Kosten je Verordnung wurden 2023 mit 704,10 Euro von den Verordnungen der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapien (SSSST) verursacht, gefolgt von denen der Ergotherapie mit 644,46 Euro. Die größte Steigerung war in den letzten zehn Jahren bei der podologischen Verordnung zu verzeichnen. Ursache dafür sind unter anderem Maßnahmen wie die Befunderhebung oder die Nagelspangenbehandlung, die Mitte 2022 neu eingeführt worden sind. Der Umsatzanteil dieser neuen Maßnahmen an den gesamten podologischen Behandlungen lag 2023 bei 10,2 Prozent. "Die Ursache der Ausgabensteigerungen sind in erster Linie gesetzliche Neuregelungen zur Angleichung des Vergütungsniveaus an die höchsten regionalen Preise. Es wäre zu wünschen, dass die Preissteigerungen auch in Form höherer Vergütungen bei den Beschäftigten in den Heilmittelberufen ankommen und helfen, die Attraktivität dieser Berufe zu steigern. Hier besteht noch deutlich "Luft nach oben", wie erste Ergebnisse zur Entwicklung der Entgelte zeigen. Gerade zur langfristigen Sicherung einer qualitativ hochwertigen Versorgung der Patientinnen und Patienten scheint dies zwingend notwendig", so Helmut Schröder, Geschäftsführer des WIdO.
Ergotherapie und SSSST nehmen am stärksten zu - bei den Verordnungen und bei den Umsätzen
Die Umsätze der Leistungsbereiche Ergotherapie, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie (SSSST) sowie Podologie machen zusammen ein knappes Drittel des Heilmittelumsatzes aus. Im Vergleich zum Umsatz in der Physiotherapie sind die Umsätze in diesen Bereichen in den letzten zehn Jahren jedoch stärker angestiegen. So stieg der Umsatz in der Ergotherapie im Beobachtungszeitraum auf das 2,3-Fache (+ 130 Prozent), in der SSSST auf das 2,2-Fache und in der Podologie sogar auf das 2,5-Fache des Ausgangswerts von 2014 (+ 146 Prozent). Auch bei der Entwicklung der Verordnungsmenge lässt sich - wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Niveau - eine Zunahme bei den kleineren Leistungsbereichen beobachten. Besonders in der Ergotherapie haben die Verordnungsmengen zugenommen; sie lagen 2023 beim knapp 1,3-Fachen der Verordnungsmengen von 2014 (+ 28 Prozent).
Schwerpunktanalyse zur physiotherapeutischen Versorgung der Schulter
Das Schwerpunktthema des diesjährigen Heilmittelberichts ist die physiotherapeutische Versorgung von Patienten mit Schulterbeschwerden. Schmerzen oder Beschwerden der Schulter gehören zu den zweithäufigsten Gründen für eine physiotherapeutische Verordnung. Rund 1,36 Millionen AOK-Versicherte waren 2023 von Schulterläsionen (ICD-M75) betroffen. Dazu gehören beispielsweise das Impingement-Syndrom oder die sogenannte Kalkschulter. Rund ein Fünftel der Patientinnen und Patienten (272.500 AOK-Versicherte) wurden aufgrund dieser Beschwerden in insgesamt 3,4 Millionen Behandlungssitzungen physiotherapeutisch behandelt. Mit 82,3 Prozent ist Krankengymnastik die häufigste therapeutische Maßnahme bei Schulterbeschwerden. Seit dem 1.11.2024 ist es Ärztinnen und Ärzten möglich, bei Schulterbeschwerden eine sogenannte Blankoverordnung auszustellen. Dabei entscheiden die Physiotherapeuten, welche Maßnahmen je nach dem jeweiligen Therapiebedarf eingesetzt werden.
Der Heilmittelbericht 2024 umfasst Daten zu den rund 332 einzelnen Behandlungen, die 2023 für die 74 Millionen GKV-Versicherten abgerechnet wurden. Die Analysen zeigen die Kennzahlen der Versorgung nach Alter, Geschlecht, verordnender Facharztgruppe und ICD-Diagnose. Abbildungen, Tabellen und Karten veranschaulichen die häufigsten Versorgungsanlässe und regionale Variationen bei Prävalenzen und Therapien.
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