Wissenschaftliches Institut der AOK|11.03.2025
PRESSEMITTEILUNG
40 Prozent aller Fehltage entfielen 2024 auf Langzeit-Erkrankungen von mehr als sechs Wochen
Über zwei Drittel (70,8 Prozent) der Krankschreibungen des Jahres 2024 endeten laut der WIdO-Auswertung nach spätestens einer Woche. Trotz der Häufigkeit dieser kurzen Krankmeldungen machten sie nur 23,2 Prozent aller Fehlzeiten aus. Im Gegensatz dazu verursachten die 3,3 Prozent der Krankmeldungen, die länger als sechs Wochen andauerten, immerhin 39,9 Prozent der gesamten Fehlzeiten. "Damit wird deutlich, dass langfristige Krankmeldungen einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtausfallzeiten in den Betrieben haben. Diese Fälle sollten daher im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung besonders in den Fokus genommen werden", so Helmut Schröder.
Atemwegserkrankungen erneut häufigster Grund für Krankschreibungen
Die krankheitsbedingten Ausfallzeiten des Jahres 2024 sind im Wesentlichen von sechs großen Krankheitsgruppen bestimmt worden: Muskel-Skelett-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Verletzungen, psychische Störungen und Verhaltensstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Erkrankungen der Verdauungsorgane. 60,8 Prozent der Arbeitsunfähigkeitsfälle und 65,1 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage entfielen auf diese sechs Krankheitsarten. Der häufigste Grund für die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen waren Atemwegserkrankungen. Im Jahr 2024 waren diese für mehr als ein Viertel der Arbeitsunfähigkeitsfälle (27,9 Prozent) verantwortlich. Zugleich verursachten sie mit 5,9 Fehltagen pro Fall die kürzesten Ausfallzeiten. Bei den Langzeiterkrankungen von über sechs Wochen entfällt auf Atemwegserkrankungen nur 1,0 Prozent aller AU-Tage im Jahr 2024. Aufgrund der vergleichsweise geringen durchschnittlichen Erkrankungsdauer betrug der Anteil der Atemwegserkrankungen an den gesamten Arbeitsunfähigkeitstagen des Jahres 2024 nur 15,1 Prozent. "Die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln, das Tragen von Masken, regelmäßiges Lüften und die Nutzung von mobiler Arbeit haben sich schon während der Covid-19-Pandemie als Gegenmaßnahmen bewährt und sollten bei Symptomen weiter angewendet werden, um den Krankenstand bei den Atemwegserkrankungen zu senken", so Schröder.
Psychische Erkrankungen mit langen Ausfallzeiten
Die meisten Arbeitsunfähigkeitstage wurden 2024 durch Muskel-Skelett-Erkrankungen verursacht, die häufig mit längeren Ausfallzeiten verbunden waren. Allein auf diese Krankheitsart waren 2024 19,8 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage zurückzuführen, obwohl sie nur für 13,7 Prozent der Arbeitsunfähigkeitsfälle verantwortlich war. Das ist vor allem auf den Anteil der Langzeit-Erkrankungen von über sechs Wochen zurückzuführen, der bei den Muskel-Skelett-Erkrankungen 2024 mit einem Anteil von 9,8 Prozent am höchsten lag. Auch psychische Erkrankungen spielen beim Krankenstand eine große Rolle: Obwohl sie nur 4,8 Prozent aller AU-Fälle ausmachten, entfielen 12,5 Prozent aller AU-Tage auf psychische Erkrankungen. Mit durchschnittlich 28,5 Arbeitsunfähigkeitstagen je Fall verursachten sie im Vergleich der Krankheitsarten die längsten Ausfallzeiten. Bei den langen Ausfallzeiten von mehr als sechs Wochen erreichten sie 2024 einen Anteil von 8,1 Prozent. "Auch hier kann betriebliche Gesundheitsförderung Ansätze bieten, um die Widerstandsfähigkeit und psychische Belastbarkeit der Belegschaft von Betrieben zu stärken. Eine gute Unternehmenskultur und Führung sind zentrale Stellschrauben, um Mitarbeitende gesund zu erhalten und langfristig an die Unternehmen zu binden", so WIdO-Geschäftsführer Schröder.
Krankheitsbedingte Ausfallzeiten 2024 erneut auf hohem Niveau
Insgesamt lag der Krankenstand unter allen AOK-versicherten Beschäftigten im Jahresdurchschnitt 2024 bei 6,5 Prozent. Erkrankte Beschäftigte erhielten von ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten 2024 im Schnitt 2,3 AU-Bescheinigungen und fehlten krankheitsbedingt 23,9 Tage in ihren Betrieben. Damit lagen die Ausfallzeiten weiterhin auf einem hohen Niveau, auch wenn der bisherige Höchststand des Jahres 2022 nicht erreicht worden ist. Der damalige Spitzenwert ist vor allem auf eine große Zahl von Erkältungskrankheiten und auf mehrere Infektionswellen mit der Omikron-Variante des Coronavirus zurückzuführen. Auch die Einführung der elektronischen Krankschreibung (eAU) spielt eine Rolle: Sie ermöglicht ein vollständigeres Bild der AU-Meldungen.
Der Monatsverlauf der Arbeitsunfähigkeits-Daten in den zurückliegenden drei Jahren zeigt jeweils einen wellenförmigen Verlauf: Insbesondere im Frühjahr und im Winter stieg die Zahl der krankheitsbedingten Ausfalltage deutlich an. Die jeweiligen Höchststände wurden in den Monaten Januar bis März sowie Oktober bis Dezember erreicht. Bestimmend für diese wellenförmige Entwicklung sind die Atemwegserkrankungen, die im Jahr 2024 ihre höchsten Werte mit durchschnittlich 0,6 Tagen im Januar sowie mit 0,5 Tagen im November erreichten.
Deutliche Unterschiede zwischen Berufsgruppen
Auch bei den einzelnen Berufsgruppen gibt es große Unterschiede hinsichtlich der krankheitsbedingten Fehlzeiten. Die meisten Arbeitsunfähigkeitstage weisen Berufsgruppen aus dem gewerblichen Bereich auf. Dazu gehören beispielsweise Berufe in der Ver- und Entsorgung mit 38,4 Tagen im Jahr 2024. Es handelt es sich häufig um Berufe mit hohen körperlichen Arbeitsbelastungen und überdurchschnittlich vielen Arbeitsunfällen. Auch soziale Tätigkeiten wie Berufe in der Altenpflege, die bei der Arbeit in besonders hohem Maße psychischen Belastungen ausgesetzt sind, weisen hohe Krankenstände auf. Die niedrigsten Krankenstände sind bei akademisch geprägten Berufsgruppen wie zum Beispiel in der Hochschullehre und -forschung, der Unternehmensberatung oder der Softwareentwicklung zu verzeichnen. Während Beschäftigte in der Hochschullehre und -forschung im Jahr 2024 im Durchschnitt nur 7,5 Tage krankgeschrieben waren, waren es bei den Berufen in der Ver- und Entsorgung mehr als fünfmal so viel. "Dies macht deutlich, dass Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung auf die spezifischen Belastungen und Bedürfnisse der verschiedenen Beschäftigtengruppen in den Unternehmen zugeschnitten werden sollten", so Schröder.
Pressekontakt:
WIdO - Wissenschaftliches Institut der AOK
Telefon +49 30 34646 - 2393
Fax +49 30 34646 - 2144
E-Mail presse@wido.bv.aok.de