Medizinischer Dienst Bund|31.07.2024
PRESSEMITTEILUNG
IGeL-Monitor bewertet zwei Verfahren zur Früherkennung von Schilddrüsenerkrankungen mit "tendenziell negativ"
Die Bewertungen beziehen sich auf die Untersuchung von Erwachsenen, die keine Symptome für eine Schilddrüsenerkrankung aufweisen. In diesen Fällen muss die Untersuchung als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) von Versicherten selbst bezahlt werden.
Keine relevanten Studien zu Nutzen und Schaden der Untersuchungen gefunden
Die beiden Untersuchungen wären nützlich, wenn Betroffene durch das frühe Erkennen einer Schilddrüsenerkrankung eine höhere Lebensqualität hätten, weniger stark von den Auswirkungen der Erkrankung eingeschränkt wären oder seltener daran sterben würden. Da das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors zu diesen Fragestellungen keine relevanten Studien finden konnte, kann keine Aussage zum Nutzen getroffen werden. Schädlich wäre die jeweilige Untersuchung, wenn durch sie unerwünschte Ereignisse aufträten, beispielsweise Komplikationen als Folge der Untersuchung. Auch zu möglichen Schäden konnte das Team des IGeL-Monitors keine relevanten Studien finden.
Indirekte Schäden sind bei Früherkennungs-untersuchungen grundsätzlich möglich
Allerdings können bei Früherkennungsuntersuchungen grundsätzlich indirekte Schäden entstehen. So können zum Beispiel Fehlalarme - also falsch-positive Befunde - oder Überdiagnosen zu unnötigen Folgeuntersuchungen und -behandlungen führen, bei denen es wiederum zu Nebenwirkungen und Komplikationen kommen kann. Das Ausmaß dieser möglichen Folgen ist für die beiden bewerteten IGeL nicht hinreichend erforscht. Der IGeL-Monitor wertet diese möglichen Konsequenzen als Hinweis auf indirekte Schäden.
Vorteile eines frühen Therapiebeginns nicht durch Studien belegt
Eine Früherkennungsuntersuchung soll eine Erkrankung bereits in einem frühen Stadium erkennen, um sie frühzeitig behandeln zu können. Das Team des IGeL-Monitors hat deshalb auch nach Studien gesucht, in denen die Wirkung eines frühen Therapiebeginns mit denen eines späten Therapiebeginns oder gar keiner Therapie verglichen wurde. Zu dem Ultraschallverfahren fehlt es an relevanten Studien. Zu der Blutuntersuchung wurden Studien gefunden, die untersucht haben, wie sich ein früher Therapiebeginn auf die Sterblichkeit, Herz-Kreislauferkrankungen, Knochenbrüche, Lebensqualität, Müdigkeit, die kognitive Funktion und das Gewicht der Betroffenen auswirkt. Die Studien zeigten jedoch keine Vorteile eines frühen Therapiebeginns im Vergleich zu einem späten Therapiebeginn oder keiner Therapie.
Krankenkasse übernimmt Kosten der Untersuchungen in Verdachtsfällen
Die Kosten für eine Ultraschall- oder Blutuntersuchung werden in bestimmten Fällen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, etwa bei einem begründeten Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung oder zur Abklärung eines auffälligen Befundes. Menschen, die keine Beschwerden haben und bei denen es keine Hinweise darauf gibt, dass eine Veränderung der Schilddrüse oder eine Funktionsstörung der Schilddrüse vorliegen, müssen die Untersuchungen als IGeL-Leistung selbst bezahlen. Die Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von Veränderungen der Schilddrüse kostet im einfachen Satz der Gebührenordnung für Ärzte 12,24 Euro. Die Blutuntersuchung zur Früherkennung von Funktionsstörungen der Schilddrüse kostet im einfachen Satz zwischen 16,90 Euro und 26,22 Euro. Hinzukommen können Kosten für Beratung und körperliche Untersuchung.
Aufgaben und Erkrankungen der Schilddrüse
Die Schilddrüse produziert Schilddrüsenhormone, die den gesamten Körper beeinflussen, beispielsweise den Energiestoffwechsel oder das Herzkreislaufsystem. Bei Schilddrüsenerkrankungen wird zwischen Schilddrüsenfunktionsstörungen, die sich auf die Hormonbildung auswirken, und Veränderungen im Schilddrüsengewebe wie beispielsweise eine Vergrößerung der Schilddrüse, unterschieden. Manchmal treten Funktionsstörungen und Gewebeveränderungen auch gleichzeitig auf und können sich gegenseitig bedingen. Veränderungen der Schilddrüse kommen in Deutschland bei Erwachsenen in allen Altersgruppen vor, wobei sie mit zunehmendem Alter häufiger auftreten.
Hintergrund
Unter www.igel-monitor.de/ erhalten Versicherte evidenzbasierte Bewertungen zu sogenannten Selbstzahlerleistungen. Der IGeL-Monitor wird vom Medizinischen Dienst Bund betrieben, der von den 15 Medizinischen Diensten in den Ländern getragen wird.
Der Medizinische Dienst Bund koordiniert und fördert die fachliche Arbeit der Medizinischen Dienste und erlässt Richtlinien, um die Begutachtung und Beratung nach bundesweit einheitlichen Kriterien sicherzustellen.
Der IGeL-Monitor bietet evidenzbasierte Gesundheitsinformationen zu Selbstzahlerleistungen in der ärztlichen Praxis. 54 wissenschaftliche Bewertungen sind aktuell auf der Webseite abrufbar:
positiv 0
tendenziell positiv 2
unklar 23
tendenziell negativ 25
negativ 4
Zwei IGeL-Leistungen wurden zwischenzeitlich in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen.
Pressekontakt:
Andreas Lange
Freier Journalist
Redakteur IGeL-Monitor
Mobil: 0171 53 29 814
E-Mail: presse@igel-monitor.de
Michaela Gehms
Pressesprecherin MD Bund
Tel: +49 201 8327-115
Mobil: 0172 3678007
E-Mail: m.gehms@md-bund.de