Spitzenverband Bund der Krankenkassen|01.07.2025

PRESSEMITTEILUNG

Sturmerprobte GKV, Ausgabensteigerungen und politische Wertschätzung

Berlin (kkdp)·Mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sprach Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, über die Widerstandsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung (SPV): "Beide Sozialversicherungssysteme werden noch lange durchhalten, sie haben schon viele Stürme überstanden. Sie sind Garanten für eine gute Versorgung, für Demokratie, Solidarität und sozialen Frieden."

In dem FAZ-Interview betonte er, dass die Kasseneinnahmen aus Arbeit vom Beitragssatz, von der Beschäftigung und von der Lohnhöhe abhängen wären. Da die Tarifentwicklung sehr positiv sei, würden auch die beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassenmitglieder und damit die Einnahmen der Krankenkassen wachsen. "In diesem Jahr", so Blatt, "erwarten wir einen Anstieg der beitragspflichtigen Einkommen um 5,1 Prozent, das ist allerhand. Die Ausgaben wachsen allerdings noch viel stärker, im ersten Quartal bereits um 7,8 Prozent - dadurch entsteht die gewaltige Finanzierungslücke und die Zusatzbeiträge müssen steigen. Wir haben nicht zu geringe Einnahmen, sondern zu hohe Ausgaben."

Gesundheit ist in Berlin nur ein B- oder C-Thema

Oliver Blatt hob gegenüber der FAZ die herausragende Bedeutung von Gesundheit und Pflege hervor, denn diese seien "für die Bevölkerung zentral wichtig. Wirtschaftlich reden wir über eine der größten Branchen des Landes", so Blatt. "Außerdem stützt eine funktionierende Versorgung den Zusammenhalt und die Demokratie. Die politische Wertschätzung spiegelt dies aber nicht wider, wie sich in den Koalitionsverhandlungen und gerade nochmal bei den Haushaltseckpunkten für 2026 gezeigt hat. Die Gesundheit ist in Berlin nur ein B- oder C-Thema, müsste aber ein A-Thema sein.

Entschlosseneres Handeln oder steigende Beiträge

"Jeder dritte Euro aus den Portemonnaies der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler fließt in die Krankenhäuser. Hier legen die Kosten aktuell um fast zehn Prozent zu, auch bei den Arzneimitteln sind es mehr als sechs Prozent zusätzlich. Bei der ambulanten Versorgung mit plus sieben Prozent Zuwachs haben wir sogar die höchste Steigerungsrate in einem ersten Quartal seit zehn Jahren. Die Ausgabendynamik ist ungebrochen und wenn sie so hoch bleibt, dann steigen die Zusatzbeiträge zum Jahreswechsel erstmals auf drei Prozent. Trotz des angekündigten Darlehens. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder handelt die Politik entschlossener als bisher oder die Beiträge steigen immer weiter", so Blatt im FAZ-Interview. Denn das "Prinzip Hoffnung, dass ein Aufschwung die Sozialversicherungen retten werde, reicht mir nicht. Die Zuversicht der Politik, es werde schon irgendwie gutgehen, ist mehr als gewagt. Statt Hoffnung auf einen Wirtschaftsaufschwung brauchen wir entschlossenes und rasches Handeln."

Ausgabenmoratorium notwendig

Um den Ausgabenanstieg zu stoppen, forderte Blatt gegenüber der FAZ ein Ausgabenmoratorium und erläuterte: "Die Leistungserbringer, also etwa die Krankenhäuser, dürften dann nur noch Mehrkosten in Höhe der wachsenden GKV-Einnahmen verursachen. Das ließe sich über Paragraf 71 im Sozialgesetzbuch V regeln. Das heißt nicht, dass es Nullrunden geben wird. Nähme man das laufende Jahr als Beispiel, könnten die Gesamtausgaben unter den Bedingungen des Moratoriums in 2025 orientiert am Einnahmenzuwachs bei den GKV-Mitgliedern um 5,1 Prozent steigen. Das wäre deutlich über der aktuellen Inflationsrate von 2,1 Prozent. Wichtig ist, dass die Gesamtausgaben nicht stärker steigen als die Einnahmen der Krankenkassen, sonst müssen die Zusatzbeitragssätze weiter steigen.

Absage an Leistungskürzungen

Gefragt, was er denn von Leistungskürzungen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen halte, stellte Blatt in dem FAZ-Interview klar: "Was die Menschen für eine gute, qualitativ hochwertige Versorgung brauchen, muss auch in Zukunft ohne jeden Zweifel GKV-Leistung sein. Trotzdem kann es nötig sein, auf Liebgewordenes zu verzichten. Zum Beispiel auf ein Krankenhaus nebenan, weil es medizinisch nicht auf der Höhe ist. Es darf auch nicht sein, dass Menschen ohne akute Notlage die Rettungstransporte und die Notaufnahmen blockieren. Solche Fehlallokationen führen zu Geldverschwendung, sind unsozial und gefährlich. Es muss möglich sein, die Patienten besser zu steuern. Das erhöht die Versorgungsqualität, spart Geld und bedeutet eben gerade keine Leistungskürzung."

Arzneimittelkosten aus dem Ruder gelaufen

Mit Blick auf die patentgeschützten Arzneimittel erläuterte er, dass viele davon zu teuer sein. "Wir wissen", so Blatt zur FAZ, "dass die Hersteller ihre Forschungskosten einspielen müssen, und sie sollen auch Geld verdienen. Aber in Deutschland läuft das aus dem Ruder, die Gewinne sind die höchsten in Europa. Wir müssen zum Augenmaß zurück. Die Unternehmen würden Deutschland auch mit weniger Profit die Treue halten, denn wir sind einer der größten Märkte der Welt."

Pressekontakt:

Florian Lanz
GKV-Spitzenverband, Pressesprecher
Telefon 030-206288-4201
Fax 030-20628884201
presse@gkv-spitzenverband.de


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