Spitzenverband Bund der Krankenkassen|17.02.2025
PRESSEMITTEILUNG
Positionen für die 21. Legislaturperiode 2025
Vertrauen stärken, Strukturen reformieren, nachhaltig finanzieren
Berlin (kkdp)·Die gesetzliche Krankenversicherung versichert und versorgt rund 75 Millionen Menschen in unserem Land. Das sind 90 Prozent der Bevölkerung. Mit Blick auf die Sicherung und Weiterentwicklung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung dieser Menschen hat der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes seine Positionen für die 21. Legislaturperiode 2025 - 2029 beschlossen.
Dazu erklärt Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender: "Die Sicherung der Stabilität von Kranken- und Pflegeversicherung muss oberste Priorität in der Gesundheits- und Pflegepolitik haben. Denn in einer Zeit, die geprägt ist von globalen Krisen und gesellschaftlichen Umbrüchen, sind stabile Sozialsysteme ein verlässlicher Anker und stärken das Vertrauen in die Institutionen unseres Landes. Damit dies so bleibt, muss eine neue Bundesregierung die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung strukturell reformieren. Zuallererst muss Schluss damit sein, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler für Aufgaben des Staates zahlen. Der Staat muss endlich seine Finanzierungsverantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben selbst wahrnehmen. Unsere Vorschläge für Reformen liegen auf dem Tisch. Die soziale Selbstverwaltung steht entschlossen und mit Erfahrung für die Umsetzung als verlässlicher Partner bereit."
Dr. Susanne Wagenmann, alternierende Verwaltungsratsvorsitzende, erklärt: "Die soziale Sicherung ist zentraler Bestandteil einer funktionsfähigen sozialen Marktwirtschaft. Dafür bedarf es gleichermaßen gesunder Belegschaften und leistungsfähiger Unternehmen. Für dieses Fundament ist eine verlässliche und gute Absicherung im Krankheits- und Pflegefall unerlässlich. Es gilt, das Gesundheitswesen mit diesem Fokus wieder zukunftsfest machen. Leiten muss uns dabei Solidarität und Wirtschaftlichkeit mit einer konsequenten Qualitäts- und Nutzenorientierung auf der einen Seite und Eigenverantwortung unterstützt durch die Förderung einer gesundheitsbewussten Lebensweise und Gewährleistung medizinisch notwendiger Leistungen auf der anderen Seite. In diesem Spannungsfeld muss die gesundheitliche und pflegerische Versorgung gemeinsam von Politik und Selbstverwaltung weiterentwickelt werden."
Reformbedarf und Prioritäten für die 21. Legislaturperiode 2025-2029
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und soziale Pflegeversicherung (SPV) stehen derzeit vor immensen und vielschichtigen Herausforderungen. In der 21. Legislaturperiode bedarf es grundlegender politischer Weichenstellungen, um das Vertrauen in Gesundheitsversorgung und Pflege sowie in die solidarischen Sicherungssysteme zu stärken.
Kurzfristige Stabilisierung und nachhaltige Sicherung von GKV und SPV
Angesichts der defizitären Finanzsituation der GKV - wesentlich verursacht durch politische Entscheidungen - müssen kurzfristig Maßnahmen auf der Ausgabenseite zur Finanzstabilisierung ergriffen werden. Im nächsten Schritt müssen dringend grundlegende Strukturreformen erfolgen. Insbesondere ist der selektivvertragliche Wettbewerb zu stärken, um Effizienzverbesserungen zu erreichen.
Der Staat muss seiner Finanzierungsverantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben nachkommen. So muss der Bund ausgabendeckende Beiträge für Bürgergeldbeziehende an die GKV zahlen und die Bundesbeteiligung für versicherungsfremde Leistungen dynamisieren. Die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft darf bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden. In der Pflegeversicherung sind die noch nicht erstatteten pandemiebedingten Mehrausgaben sowie dauerhaft die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige vom Bund zu refinanzieren.
Um GKV und SPV vor staatlichen Eingriffen zu schützen, muss die soziale Selbstverwaltung gestärkt werden. Kranken- und Pflegekassen müssen die Rechte ihrer Mitglieder gegenüber der staatlichen Ebene auch auf dem Rechtsweg durch Klagerechte vertreten können, insbesondere wenn Mittel der Beitragszahlenden zweckentfremdet werden. Hierzu bedarf es einer klaren Regelung sowohl im Sozialgerichtsgesetz als auch im Bundesverfassungsgerichtsgesetz oder einer Verankerung der Selbstverwaltung im Grundgesetz. Die Finanzautonomie der Krankenkassen muss wiederhergestellt werden.
Prävention und Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Gesundheitsförderung und Primärprävention haben großes Potenzial zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, es wird aber noch nicht ausreichend gehoben. GKV und SPV bieten eine Vielzahl qualitativ hochwertiger präventiver und gesundheitsfördernder Leistungen an und haben ihr Engagement in verschiedenen Bereichen wie Kommunen, Schulen und Betrieben ausgebaut, um besonders bedürftige Menschen zu erreichen. Insbesondere die Kommunen vernachlässigen ihre Aufgaben. Prävention sollte aber als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und entsprechend durch Bund, Länder und Kommunen finanziert werden. Eine Medikalisierung der Prävention wird abgelehnt.
Krankenhausversorgung bedarfsgerecht weiterentwickeln
Die Krankenhausversorgung muss sich stringent am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung ausrichten. Bundeseinheitliche Qualitätsanforderungen müssen für alle Krankenhäuser gelten. Leistungsgruppen, Qualitätsstandards und Vorhaltevergütung sind durch die gemeinsame Selbstverwaltung weiterzuentwickeln. Die automatische Tarifrefinanzierung für ärztliches Personal sowie die Meistbegünstigungsklausel müssen korrigiert werden.
Anstelle einer Gießkannenfinanzierung ist ein stärkerer Fokus auf fallunabhängige, versorgungsrelevante Kriterien zu richten. Der Transformationsfonds ist gänzlich aus Steuermitteln zu finanzieren. Ausgaben für fehlerhafte Abrechnungen sind nicht länger zu rechtfertigen. Deshalb muss es wieder uneingeschränkte Prüfungen der Abrechnungen geben, die Sanktionierung durch erhöhte Rechnungsaufschläge sollte ausgeweitet werden. Die Aufwandspauschale für Krankenkassen sollte gestrichen werden.
Ambulante ärztliche Versorgung: Zugang verbessern
Eine flächendeckende und bedarfsgerechte ambulante Versorgung ist essenziell für Patientinnen und Patienten. Um den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung zu verbessern, sind strukturelle Änderungen notwendig. Erforderlich ist eine diskriminierungsfreie und niedrigschwellige Terminvermittlung auf Basis eines zentralen, bundesweiten elektronischen Verzeichnisses für Behandlungstermine.
Zudem bedarf es besserer Steuerungsmechanismen und einer Anpassung der Vergütungssysteme, um die ambulante Versorgung effizienter zu gestalten. Anstelle finanzieller Anreize durch Aufhebung der Budgetierung nach dem Gießkannenprinzip sollten neue Arbeits- und Niederlassungsmodelle entwickelt werden. Für eine Koordination und Integration der vertragsärztlichen Versorgung sind Medizinische Versorgungszentren besser zu nutzen und ihre ärztliche Unabhängigkeit zu stärken.
Potenziale der sektorenübergreifenden Versorgung heben
In der nächsten Legislaturperiode sollte der ambulant-stationäre Versorgungsbereich neu geordnet werden. Dabei sind Krankenhäuser entsprechend dem Versorgungsbedarf in die vertragsärztliche Versorgung einzubinden, kurzstationäre Leistungen ambulant zu erbringen und hochspezialisierte ambulante Leistungen für komplexe oder seltene Erkrankungen zu bündeln.
Ineffektive Leistungsbereiche müssen grundlegend reformiert werden. Es braucht eine gemeinsame Bedarfsplanung für alle ambulant tätigen Leistungserbringenden. Voraussetzung ist eine klare Arbeitsteilung der Sektoren. Die Leistungsvergütungen sind in Struktur und Niveau am einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) auszurichten. Weiterhin ist eine verbindliche Regelung zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen notwendig.
Notfallversorgung und Rettungswesen reformieren
Die überfällige Notfallreform muss endlich umgesetzt werden, um Hilfesuchende in Deutschland schnell, effizient und bedarfsgerecht zu versorgen. Um eine gleichwertige Notfallversorgungsstruktur bundesweit zu gewährleisten, sind zentrale Strukturvorgaben für die INZ-Standortauswahl und das Ersteinschätzungsverfahren notwendig.
Auch im Rettungswesen besteht dringender Reformbedarf. Hilfesuchende sind bereits vor Inanspruchnahme einer medizinischen Leistung in die passende Versorgungsebene zu steuern, um Krankenhauskapazitäten zu entlasten. Der Rettungsdienst sollte ein Leistungsbereich des SGB V mit bundeseinheitlichen Qualitätsanforderungen werden, die Kostenbeteiligung der Länder ist zu regeln.
Arzneimittelversorgung: Keine Mehrausgaben ohne Zusatznutzen
Die Ausgaben für neue Arzneimittel steigen drastisch, da immer mehr Arzneimittel mit schwachem Nutzennachweis aber hohem Preis auf den Markt kommen. Um die Ausgaben der Solidargemeinschaft und den Nutzen für Patientinnen und Patienten besser auszutarieren, muss das Prinzip "keine Mehrausgaben ohne ein Mehr an Nutzen" gestärkt werden. Die Ausgaben für Arzneimittel ohne nachgewiesenen Zusatznutzen müssen stärker begrenzt werden. Zugleich sind Grundlagen für eine bessere Evidenzgenerierung zu schaffen. Für eine Gleichbehandlung mit anderen lebensnotwendigen Gütern und Tierarzneimitteln sollte auch für Arzneimittel der reduzierte Mehrwertsteuersatz gelten.
Lieferengpässe haben vielfältige Ursachen, die nicht isoliert durch Preiserhöhungen gelöst werden können. Ein verpflichtendes Erfassungssystem für Unternehmen, Großhändler und Apotheken ist notwendig, um die Versorgungssituation zu überwachen. Automatisierte digitale Meldungen und gezielte Lagerhaltungspflichten für pharmazeutische Unternehmen können helfen, temporäre Engpässe abzufedern. Die Förderung von Produktionsstandorten zur Reduzierung internationaler Abhängigkeiten ist ebenfalls wichtig, jedoch eine rein staatliche Aufgabe.
Bessere Rahmenbedingungen für Digitalisierung schaffen
Mit der Übernahme der Mehrheit der Gesellschafteranteile der gematik durch den Bund wurden der gesetzlichen Krankenversicherung faktisch die Gestaltungsmöglichkeiten genommen, während sie unverändert fast vollständig die Finanzierungslast trägt. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsste folglich aus Steuermitteln finanziert werden. Die Aufgaben der gematik sollten auf Spezifikationen, Vorgaben, Zulassung und Aufsicht beschränkt werden.
Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet zahlreiche Vorteile, benötigt dafür aber sichere digitale Identitäten, einen einfachen und sicheren Zugang sowie eine nahtlose Integration in Praxisverwaltungssysteme. Für die Versicherten braucht die ePA klar erkennbare Mehrwerte. Deshalb ist die Möglichkeit für die Krankenkassen zu schaffen, kassenindividuelle Inhalte und Anwendungen innerhalb der ePA anzubieten, die über das Mindestangebot hinausgehen. So kann ein Wettbewerb um die besten Lösungen in der Versorgung entstehen.
Umfassende Reform der Pflegeversicherung zeitnah angehen
Eine umfassende Pflegereform ist dringend notwendig, um das Vertrauen in die Pflegeversicherung zu erhalten. Die SPV steht durch die Alterung der Gesellschaft und die steigende Inanspruchnahme von Pflegeleistungen vor einem enormen Anpassungsdruck. Der Fachkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich. Ziel muss es sein, den heutigen Beitragssatz stabil zu halten.
Mit der vollständigen Erstattung der von den Pflegekassen getragenen pandemiebedingten Mehrausgaben könnten zeitnah die erforderliche Entlastung sowie der notwendige Aufbau einer soliden Reservebasis erreicht werden. Die pflegerische Versorgung ist gesetzlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert. Insbesondere mit Blick auf die demografische Entwicklung leitet sich daraus eine Beteiligung des Bundes zur Abfederung der Beitragssatzsteigerungen ab. Zudem ist eine Bundesgarantie zu regeln, sodass im Falle von Liquiditätsengpässen ein Darlehen des Bundes an die Pflegeversicherung geleistet wird. Die Länder müssen ihren Verpflichtungen zur Finanzierung der Investitionen nachkommen. Ergänzend zum Pflegevorsorgefonds sollte ein Kapitalstock aus Steuermitteln gebildet werden, der ausschließlich dafür genutzt wird, Erträge für Leistungen der sozialen Pflegeversicherung zu generieren.
Eine regelmäßige Überprüfung und Dynamisierung der Leistungsbeträge der SPV sind notwendig. Der Pflegeberuf muss attraktiver und das Berufsprofil weiterentwickelt werden, um mehr Fachkräfte zu gewinnen. Eine angemessene Personalausstattung und eine qualifikationsorientierte Aufgabenverteilung sind entscheidend. Pflegende Angehörige benötigen Unterstützungs- und Entlastungsangebote. Prävention und Rehabilitation sollten gefördert werden, um Pflegebedürftigkeit zu verhindern oder zu reduzieren.
Dazu erklärt Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender: "Die Sicherung der Stabilität von Kranken- und Pflegeversicherung muss oberste Priorität in der Gesundheits- und Pflegepolitik haben. Denn in einer Zeit, die geprägt ist von globalen Krisen und gesellschaftlichen Umbrüchen, sind stabile Sozialsysteme ein verlässlicher Anker und stärken das Vertrauen in die Institutionen unseres Landes. Damit dies so bleibt, muss eine neue Bundesregierung die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung strukturell reformieren. Zuallererst muss Schluss damit sein, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler für Aufgaben des Staates zahlen. Der Staat muss endlich seine Finanzierungsverantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben selbst wahrnehmen. Unsere Vorschläge für Reformen liegen auf dem Tisch. Die soziale Selbstverwaltung steht entschlossen und mit Erfahrung für die Umsetzung als verlässlicher Partner bereit."
Dr. Susanne Wagenmann, alternierende Verwaltungsratsvorsitzende, erklärt: "Die soziale Sicherung ist zentraler Bestandteil einer funktionsfähigen sozialen Marktwirtschaft. Dafür bedarf es gleichermaßen gesunder Belegschaften und leistungsfähiger Unternehmen. Für dieses Fundament ist eine verlässliche und gute Absicherung im Krankheits- und Pflegefall unerlässlich. Es gilt, das Gesundheitswesen mit diesem Fokus wieder zukunftsfest machen. Leiten muss uns dabei Solidarität und Wirtschaftlichkeit mit einer konsequenten Qualitäts- und Nutzenorientierung auf der einen Seite und Eigenverantwortung unterstützt durch die Förderung einer gesundheitsbewussten Lebensweise und Gewährleistung medizinisch notwendiger Leistungen auf der anderen Seite. In diesem Spannungsfeld muss die gesundheitliche und pflegerische Versorgung gemeinsam von Politik und Selbstverwaltung weiterentwickelt werden."
Reformbedarf und Prioritäten für die 21. Legislaturperiode 2025-2029
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und soziale Pflegeversicherung (SPV) stehen derzeit vor immensen und vielschichtigen Herausforderungen. In der 21. Legislaturperiode bedarf es grundlegender politischer Weichenstellungen, um das Vertrauen in Gesundheitsversorgung und Pflege sowie in die solidarischen Sicherungssysteme zu stärken.
Kurzfristige Stabilisierung und nachhaltige Sicherung von GKV und SPV
Angesichts der defizitären Finanzsituation der GKV - wesentlich verursacht durch politische Entscheidungen - müssen kurzfristig Maßnahmen auf der Ausgabenseite zur Finanzstabilisierung ergriffen werden. Im nächsten Schritt müssen dringend grundlegende Strukturreformen erfolgen. Insbesondere ist der selektivvertragliche Wettbewerb zu stärken, um Effizienzverbesserungen zu erreichen.
Der Staat muss seiner Finanzierungsverantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben nachkommen. So muss der Bund ausgabendeckende Beiträge für Bürgergeldbeziehende an die GKV zahlen und die Bundesbeteiligung für versicherungsfremde Leistungen dynamisieren. Die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft darf bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden. In der Pflegeversicherung sind die noch nicht erstatteten pandemiebedingten Mehrausgaben sowie dauerhaft die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige vom Bund zu refinanzieren.
Um GKV und SPV vor staatlichen Eingriffen zu schützen, muss die soziale Selbstverwaltung gestärkt werden. Kranken- und Pflegekassen müssen die Rechte ihrer Mitglieder gegenüber der staatlichen Ebene auch auf dem Rechtsweg durch Klagerechte vertreten können, insbesondere wenn Mittel der Beitragszahlenden zweckentfremdet werden. Hierzu bedarf es einer klaren Regelung sowohl im Sozialgerichtsgesetz als auch im Bundesverfassungsgerichtsgesetz oder einer Verankerung der Selbstverwaltung im Grundgesetz. Die Finanzautonomie der Krankenkassen muss wiederhergestellt werden.
Linkhinweis der Redaktion
Prävention und Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Gesundheitsförderung und Primärprävention haben großes Potenzial zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, es wird aber noch nicht ausreichend gehoben. GKV und SPV bieten eine Vielzahl qualitativ hochwertiger präventiver und gesundheitsfördernder Leistungen an und haben ihr Engagement in verschiedenen Bereichen wie Kommunen, Schulen und Betrieben ausgebaut, um besonders bedürftige Menschen zu erreichen. Insbesondere die Kommunen vernachlässigen ihre Aufgaben. Prävention sollte aber als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und entsprechend durch Bund, Länder und Kommunen finanziert werden. Eine Medikalisierung der Prävention wird abgelehnt.
Krankenhausversorgung bedarfsgerecht weiterentwickeln
Die Krankenhausversorgung muss sich stringent am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung ausrichten. Bundeseinheitliche Qualitätsanforderungen müssen für alle Krankenhäuser gelten. Leistungsgruppen, Qualitätsstandards und Vorhaltevergütung sind durch die gemeinsame Selbstverwaltung weiterzuentwickeln. Die automatische Tarifrefinanzierung für ärztliches Personal sowie die Meistbegünstigungsklausel müssen korrigiert werden.
Anstelle einer Gießkannenfinanzierung ist ein stärkerer Fokus auf fallunabhängige, versorgungsrelevante Kriterien zu richten. Der Transformationsfonds ist gänzlich aus Steuermitteln zu finanzieren. Ausgaben für fehlerhafte Abrechnungen sind nicht länger zu rechtfertigen. Deshalb muss es wieder uneingeschränkte Prüfungen der Abrechnungen geben, die Sanktionierung durch erhöhte Rechnungsaufschläge sollte ausgeweitet werden. Die Aufwandspauschale für Krankenkassen sollte gestrichen werden.
Ambulante ärztliche Versorgung: Zugang verbessern
Eine flächendeckende und bedarfsgerechte ambulante Versorgung ist essenziell für Patientinnen und Patienten. Um den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung zu verbessern, sind strukturelle Änderungen notwendig. Erforderlich ist eine diskriminierungsfreie und niedrigschwellige Terminvermittlung auf Basis eines zentralen, bundesweiten elektronischen Verzeichnisses für Behandlungstermine.
Zudem bedarf es besserer Steuerungsmechanismen und einer Anpassung der Vergütungssysteme, um die ambulante Versorgung effizienter zu gestalten. Anstelle finanzieller Anreize durch Aufhebung der Budgetierung nach dem Gießkannenprinzip sollten neue Arbeits- und Niederlassungsmodelle entwickelt werden. Für eine Koordination und Integration der vertragsärztlichen Versorgung sind Medizinische Versorgungszentren besser zu nutzen und ihre ärztliche Unabhängigkeit zu stärken.
Potenziale der sektorenübergreifenden Versorgung heben
In der nächsten Legislaturperiode sollte der ambulant-stationäre Versorgungsbereich neu geordnet werden. Dabei sind Krankenhäuser entsprechend dem Versorgungsbedarf in die vertragsärztliche Versorgung einzubinden, kurzstationäre Leistungen ambulant zu erbringen und hochspezialisierte ambulante Leistungen für komplexe oder seltene Erkrankungen zu bündeln.
Ineffektive Leistungsbereiche müssen grundlegend reformiert werden. Es braucht eine gemeinsame Bedarfsplanung für alle ambulant tätigen Leistungserbringenden. Voraussetzung ist eine klare Arbeitsteilung der Sektoren. Die Leistungsvergütungen sind in Struktur und Niveau am einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) auszurichten. Weiterhin ist eine verbindliche Regelung zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen notwendig.
Notfallversorgung und Rettungswesen reformieren
Die überfällige Notfallreform muss endlich umgesetzt werden, um Hilfesuchende in Deutschland schnell, effizient und bedarfsgerecht zu versorgen. Um eine gleichwertige Notfallversorgungsstruktur bundesweit zu gewährleisten, sind zentrale Strukturvorgaben für die INZ-Standortauswahl und das Ersteinschätzungsverfahren notwendig.
Auch im Rettungswesen besteht dringender Reformbedarf. Hilfesuchende sind bereits vor Inanspruchnahme einer medizinischen Leistung in die passende Versorgungsebene zu steuern, um Krankenhauskapazitäten zu entlasten. Der Rettungsdienst sollte ein Leistungsbereich des SGB V mit bundeseinheitlichen Qualitätsanforderungen werden, die Kostenbeteiligung der Länder ist zu regeln.
Arzneimittelversorgung: Keine Mehrausgaben ohne Zusatznutzen
Die Ausgaben für neue Arzneimittel steigen drastisch, da immer mehr Arzneimittel mit schwachem Nutzennachweis aber hohem Preis auf den Markt kommen. Um die Ausgaben der Solidargemeinschaft und den Nutzen für Patientinnen und Patienten besser auszutarieren, muss das Prinzip "keine Mehrausgaben ohne ein Mehr an Nutzen" gestärkt werden. Die Ausgaben für Arzneimittel ohne nachgewiesenen Zusatznutzen müssen stärker begrenzt werden. Zugleich sind Grundlagen für eine bessere Evidenzgenerierung zu schaffen. Für eine Gleichbehandlung mit anderen lebensnotwendigen Gütern und Tierarzneimitteln sollte auch für Arzneimittel der reduzierte Mehrwertsteuersatz gelten.
Lieferengpässe haben vielfältige Ursachen, die nicht isoliert durch Preiserhöhungen gelöst werden können. Ein verpflichtendes Erfassungssystem für Unternehmen, Großhändler und Apotheken ist notwendig, um die Versorgungssituation zu überwachen. Automatisierte digitale Meldungen und gezielte Lagerhaltungspflichten für pharmazeutische Unternehmen können helfen, temporäre Engpässe abzufedern. Die Förderung von Produktionsstandorten zur Reduzierung internationaler Abhängigkeiten ist ebenfalls wichtig, jedoch eine rein staatliche Aufgabe.
Bessere Rahmenbedingungen für Digitalisierung schaffen
Mit der Übernahme der Mehrheit der Gesellschafteranteile der gematik durch den Bund wurden der gesetzlichen Krankenversicherung faktisch die Gestaltungsmöglichkeiten genommen, während sie unverändert fast vollständig die Finanzierungslast trägt. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsste folglich aus Steuermitteln finanziert werden. Die Aufgaben der gematik sollten auf Spezifikationen, Vorgaben, Zulassung und Aufsicht beschränkt werden.
Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet zahlreiche Vorteile, benötigt dafür aber sichere digitale Identitäten, einen einfachen und sicheren Zugang sowie eine nahtlose Integration in Praxisverwaltungssysteme. Für die Versicherten braucht die ePA klar erkennbare Mehrwerte. Deshalb ist die Möglichkeit für die Krankenkassen zu schaffen, kassenindividuelle Inhalte und Anwendungen innerhalb der ePA anzubieten, die über das Mindestangebot hinausgehen. So kann ein Wettbewerb um die besten Lösungen in der Versorgung entstehen.
Umfassende Reform der Pflegeversicherung zeitnah angehen
Eine umfassende Pflegereform ist dringend notwendig, um das Vertrauen in die Pflegeversicherung zu erhalten. Die SPV steht durch die Alterung der Gesellschaft und die steigende Inanspruchnahme von Pflegeleistungen vor einem enormen Anpassungsdruck. Der Fachkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich. Ziel muss es sein, den heutigen Beitragssatz stabil zu halten.
Mit der vollständigen Erstattung der von den Pflegekassen getragenen pandemiebedingten Mehrausgaben könnten zeitnah die erforderliche Entlastung sowie der notwendige Aufbau einer soliden Reservebasis erreicht werden. Die pflegerische Versorgung ist gesetzlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert. Insbesondere mit Blick auf die demografische Entwicklung leitet sich daraus eine Beteiligung des Bundes zur Abfederung der Beitragssatzsteigerungen ab. Zudem ist eine Bundesgarantie zu regeln, sodass im Falle von Liquiditätsengpässen ein Darlehen des Bundes an die Pflegeversicherung geleistet wird. Die Länder müssen ihren Verpflichtungen zur Finanzierung der Investitionen nachkommen. Ergänzend zum Pflegevorsorgefonds sollte ein Kapitalstock aus Steuermitteln gebildet werden, der ausschließlich dafür genutzt wird, Erträge für Leistungen der sozialen Pflegeversicherung zu generieren.
Eine regelmäßige Überprüfung und Dynamisierung der Leistungsbeträge der SPV sind notwendig. Der Pflegeberuf muss attraktiver und das Berufsprofil weiterentwickelt werden, um mehr Fachkräfte zu gewinnen. Eine angemessene Personalausstattung und eine qualifikationsorientierte Aufgabenverteilung sind entscheidend. Pflegende Angehörige benötigen Unterstützungs- und Entlastungsangebote. Prävention und Rehabilitation sollten gefördert werden, um Pflegebedürftigkeit zu verhindern oder zu reduzieren.
Pressekontakt:
Florian Lanz
GKV-Spitzenverband, Pressesprecher
Telefon 030-206288-4201
Fax 030-20628884201
presse@gkv-spitzenverband.de