Deutsche Krankenhausgesellschaft DKG|14.01.2025

PRESSEMITTEILUNG

DKG stellt Erwartungen an zukünftige Regierung vor: Zeitenwende auch in der Gesundheitspolitik

Berlin (kkdp)·Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat ihre zentralen Forderungen und Erwartungen an eine neue Bundesregierung formuliert. Neben kurzfristigen dringend notwendigen Maßnahmen geht es dabei auch um zehn zentrale Punkte, die die Gesundheitsversorgung in Deutschland mittelfristig sicherstellen sollen. Dazu erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß:

"Die Zeit drängt. Die Krankenhausreform, die die Ampelkoalition im letzten Moment noch durchgedrückt hat, wird den Kliniken im Jahr 2025 nicht helfen. Im Gegenteil, sie wirft neue große Probleme auf. Es gibt also dringenden Handlungsbedarf nach der Wahl, die Patientenversorgung zu sichern. Wenn eine künftige Bundesregierung nicht sofort handelt, werden wir mit Wartelisten und Versorgungslücken gerade in ländlichen Regionen konfrontiert sein.

Die Forderung der Kliniken nach sofortigem Handeln umfasst drei zentrale Punkte.

Erstens: Wir müssen insbesondere die flächendeckende Patientenversorgung durch wirtschaftliche Stabilität während der Transformation in die neue Krankenhausstruktur sichern. Seit mehreren Jahren weisen wir darauf hin, dass die Lücke zwischen den Kostensteigerungen und den Erlösentwicklungen nicht geschlossen wird. Jahr für Jahr wurden Rücklagen aufgezehrt und haben sich Milliardendefizite angehäuft, um überhaupt die Patientenversorgung noch aufrechterhalten zu können. Hier hat der aktuelle Bundesgesundheitsminister untätig zugeschaut. Eine neue Bundesregierung muss umgehend handeln, sonst laufen wir Gefahr, dass viele Krankenhäuser den bevorstehenden Transformationsprozess überhaupt nicht mehr erleben werden. Derzeit führt der kalte Strukturwandel zu Veränderungen, die sich an der Logik der wirtschaftlichen Not, aber nicht am Versorgungsbedarf orientieren. Dadurch wird die Versorgung in vielen Regionen schlechter und eben nicht besser, wie es der Minister immer wieder versprochen hat.

Zweitens: In den kommenden Wochen sollen per Rechtsverordnung die Personal- und Strukturvorgaben für die neue Krankenhausplanung geregelt werden. Auch hier zeigt ein Blick ins Gesetz, mit welch heißer Nadel diese zentralen Punkte gestrickt werden sollen. Das Arbeitsgremium, das die Vorgaben erstellen soll, soll sich bis Ende April eine Geschäftsordnung geben. Die Rechtsverordnung soll aber schon Ende März fertig sein.

Die Inhalte dieser Rechtsverordnungen werden darüber entscheiden, welche Gestaltungsspielräume den Ländern bei ihrer Krankenhausplanung zukünftig noch zur Verfügung stehen. Gerade in den Flächenländern hängt von den Inhalten dieser Rechtsverordnung enorm viel ab. Es geht um die Frage: Wie viel regionale Versorgung wird zukünftig noch möglich sein? Wiederholt haben alle Bundesländer über den gesamten Gesetzgebungsprozess bis zur finalen Entscheidung im Bundesrat Änderungen an den im Gesetz formulierten Vorgaben zu den Leistungsgruppen eingefordert. Bei der nun anstehenden zustimmungspflichtigen Rechtsverordnung haben sie die Möglichkeit, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Die vom Gesetzgeber vorgesehene Frist zum finalen Abschluss der Rechtsverordnung ist keinesfalls einzuhalten, wenn der Anspruch der Bundesländer erfüllt werden soll, Vorgaben zu entwickeln, die mittel- und langfristig tragfähige Krankenhausstrukturen determinieren, mit denen die Patientenversorgung flächendeckend gesichert und qualitativ weiterentwickelt werden kann. Nicht zuletzt muss den politischen Entscheidungsträgern bewusst sein, dass auf diesen Vorgaben eine Krankenhausplanung aufbaut, die öffentlich finanzierte Investitionsprojekte im Umfang von mindestens 50 Milliarden Euro auslöst. Diese Planung muss deshalb nach Vorgaben erfolgen, deren Auswirkungen auf die Patientenversorgung in Deutschland sorgfältig analysiert wurden. Für diese Planung und die daraus resultierenden Standortentscheidungen gibt es keine zweite Chance. Deshalb ist es klug, sich zunächst einmal das genau anzuschauen und zur Grundlage zu nehmen, was Politik und Selbstverwaltung in Nordrhein-Westfalen über Jahre gemeinsam entwickelt haben.

Drittens muss in diesem Zusammenhang zwingend die Vorhaltefinanzierung ausgesetzt werden. Die aktuelle Fassung dieser Vorhaltefinanzierung erschwert jegliche Planung, die sich am Versorgungsbedarf ausrichtet. Mit der Vorhaltefinanzierung verbindet der Minister immer wieder sein Versprechen, dass sie gerade kleineren und ländlichen Krankenhäusern helfen werde. Aber das Gegenteil ist der Fall. Das haben unsere Auswirkungsanalysen deutlich gemacht. Und auch die Verantwortlichen in den Kliniken sagen ganz klar, dass diese Vorhaltefinanzierung in keiner Weise helfen wird. Es gibt keine positiven finanziellen Auswirkungen, es gibt keine Stabilisierung ihrer finanziellen Lage. Nur gerade fünf Prozent der Befragten in den Kliniken gehen davon aus, dass die Vorhaltefinanzierung zu einer gesicherten finanziellen Lage führen wird. Und wer Angst hat, dass ein Aussetzen der Vollfinanzierung einen rechtsfreien Raum schaffen würde, der irrt. Wir würden schlicht und ergreifend weiter im bisherigen Finanzierungssystem abrechnen.

Dabei ist zu betonen, dass die aktuellen Finanzierungsprobleme eben nicht durch das DRG-System verursacht wurden, sondern dadurch, dass sich der Bundesgesundheitsminister geweigert hat, einen adäquaten Inflationsausgleich auf den Weg zu bringen. Unter diesem Problem würde auch eine falsche und voreilige Einführung einer extrem bürokratischen und falsch geplanten Vorhaltefinanzierung nichts lösen.

Wir sehen, dass das Problem der Krankenhäuser längst auch bei der Bevölkerung angekommen ist. Deshalb gilt auch für eine zukünftige Bundesregierung, dass es nicht nur darum geht, Sorgen der Krankenhäuser ernst zu nehmen. Es geht vor allem um die Sorgen der Bevölkerung um die Zukunft ihrer Versorgung.

Eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag der DKG zur Zufriedenheit der Menschen mit Gesundheitsversorgung und -politik zeigt diese Sorgen sehr deutlich. 46 Prozent der Befragten haben Sorgen wegen möglicher Krankenhausschließungen, 47 Prozent wegen möglicher Praxisschließungen.

Möglicherweise kann man eine Bundestagswahl nicht mit Gesundheitspolitik gewinnen. Man kann sie aber darüber verlieren, wenn man die Sorgen nicht ernst nimmt. Die Menschen benötigen die Sicherheit, gut und wohnortnah versorgt zu sein. 66 Prozent der Befragten glauben eher nicht oder auf keinen Fall, dass in ihrer Heimatregion Krankenhäuser oder Abteilungen geschlossen werden könnten, ohne dass die Qualität der medizinischen Versorgung in der Region leidet. Besonders häufig in diese Richtung antworten die Befragten in ländlichen Gebieten. Gerade Krankenhäuser in diesen Regionen sind in der aktuellen Situation aufgrund der Politik der Bundesregierung massiv bedroht.

Dass sich die Probleme der Kliniken direkt auf die Lebenswirklichkeit der Menschen auswirken, zeigen deren Ansichten zur Bürokratie im Krankenhaus. 76 Prozent der Befragten empfinden als Patient oder Patientin das Ausmaß der Bürokratie im Kontakt mit den medizinischen Einrichtungen als eher hoch oder eindeutig hoch.

Und die Menschen spüren auch die Versorgungsengpässe. 64 Prozent der Befragten erleben ungewöhnlich lange Wartezeiten auf Arzttermine, 26 Prozent langes Warten auf Krankenhausbehandlungen, 38 Prozent haben schon Arzneimittelengpässe erlebt, und 56 Prozent der Befragten haben große Probleme, als neue Patientin oder Patient eine Praxis zu finden.

All das zeigt, dass sich eine neue Bundesregierung mit der Gesundheitspolitik als zentralem Bereich der sozialen Daseinsvorsorge intensiv beschäftigen muss.

Mit einem Zehn-Punkte-Programm stellen wir deshalb zentrale Forderungen auf, wie die nächste Legislatur im Bereich Gesundheit auszurichten ist. Diese Erwartungen an die Politik verbinden wir mit der ausdrücklichen Bereitschaft zur konstruktiven Mitwirkung an notwendigen Veränderungen, die auch die Krankenhäuser betreffen.

Wir brauchen weniger Bürokratie und kleinteilige Regulierung. Die Verantwortlichen und Beschäftigten in den Krankenhäusern müssen endlich wieder das Vertrauen der Politik spüren, um in Eigenverantwortung die Patientenversorgung bestmöglich zu organisieren.
Der kalte Strukturwandel muss gestoppt und der Umbau der Krankenhauslandschaft schrittweise und planvoll gestaltet werden. Transformation und Versorgungsicherheit müssen gleichzeitig erreicht werden. Grundlegende Veränderungen müssen vorab simuliert und auf ihre Auswirkung für die Patientenversorgung analysiert werden.
Dem Fachkräftemangel muss wirksam begegnet werden. Personelle Ressourcen dürfen nicht weiter durch kleinteilige Vorgaben verschwendet werden. Die Pflege und weitere Gesundheitsfachberufe sollen mehr Verantwortung übernehmen können. Die Kompetenz und die Verantwortungsübernahme im Behandlungsprozess sind auf neue Berufsbilder, akademisierte Pflegekräfte und weitere Gesundheitsfachberufe auszuweiten. Die Anerkennungsverfahren für zugewanderte Fachkräfte im Krankenhaus müssen bundesweit einheitlich und bürokratiearm ausgestaltet werden.
Die Qualitätssicherung sollte grundlegend neugestaltet werden. Ziel muss es sein, eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung und die Flexibilisierung der Leistungserbringung gleichzeitig zu erreichen. Der Ergebnisqualität ist Vorrang vor kleinteiliger Struktur- und Prozessqualität einzuräumen.
Krankenhäuser müssen zum Gesundheitscampus werden und sollten deshalb auch für die ambulante Versorgung konsequent geöffnet werden. Dies dient gerade in der Fläche dazu, die Patientenversorgung zu sichern.
Kleinteilige Personalvorgaben limitieren die Versorgung zulasten der Patientinnen und Patienten, deshalb muss die Letztentscheidung über den konkreten Personaleinsatz wieder in der Hand der Verantwortlichen der Krankenhäuser liegen.
Digitalisierung kann Engpässe in der Patientenversorgung überwinden. Zur Förderung der Digitalisierung müssen die Rahmenbedingungen für digitale Versorgungskonzepte verbessert werden.
Die Notfallversorgung muss dringend besser geordnet werden. Das Vorhaben muss zeitnah und im Konsens mit den Ländern vorangebracht werden.
Zur Stärkung der psychiatrischen Patientenversorgung müssen sektorenübergreifende krankenhauszentrierte Versorgungsnetzwerke dauerhaft etabliert und stärker gefördert werden. Die Belange der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen sind besonders zu berücksichtigen.
Versorgungskritischen Lieferengpässen bei Arzneimitteln muss entgegengewirkt werden, auch durch Maßnahmen auf europäischer Ebene. Die Abhängigkeit von einigen wenigen Herstellern, die teilweise außerhalb Europas produzieren, muss reduziert werden.

Nach über drei Jahren einer Gesundheitspolitik, die geprägt war durch mangelhaftes politisches Management, ministerielle Alleingänge, Konzeptentwicklung im kleinen Kreis ohne ausreichenden Sachverstand und fortgesetztem Krankenhaus-Bashing erwarten wir nach der Bundestagswahl einen Neuanfang im Bundesgesundheitsministerium. Mit kurzfristigen Maßnahmen muss die Versorgung zunächst stabilisiert werden. Die kommenden vier Jahre müssen aber auch genutzt werden, um zentrale Weichen zu stellen. Daseinsvorsorge ist ein wichtiger Pfeiler für sozialen Frieden im Land. Eine gute gesicherte Daseinsvorsorge und eine gut ausgerichtete Gesundheits- und Krankenhauspolitik, bei der Menschen vertrauen können, dass sie im Krankheitsfall abgesichert sind, ist eines der besten Mittel, Gesellschaft zusammenzuhalten und das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer demokratischen Strukturen zu stärken."


Pressekontakt:

Joachim Odenbach
Tel. 39801-1020
pressestelle@dkgev.de


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