Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.|24.09.2024
PRESSEMITTEILUNG
Übernahmen auf dem Pharmamarkt: Um Marktverdrängung geht es in den meisten Fällen nicht
Berlin (kkdp)·Berlin, 11.09.2024 - Studie untersucht Übernahmen von globalen Pharmafirmen im Antidiabetika-Markt zwischen 1997 und 2017 - Marktführer tätigen viel seltener Übernahmen als kleine, forschungsorientierte Firmen - Ergebnisse deuten nicht auf Marktverdrängungsabsichten (Killer-Akquisitionen) hin - Wettbewerbsbehörden sollten Fokus mehr auf Innovationsmärkte richten
Die Pharmaindustrie, eine der forschungsintensivsten Branchen weltweit, ist ein hart umkämpfter Markt. Doch die meisten Übernahmen gehen entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nicht von den Großen der Branche aus, sondern von kleinen, forschungsorientierten Unternehmen. Dies ist das Ergebnis einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). DIW-Ökonom Jo Seldeslachts hat dazu mit Reinhilde Veugelers von der Universität Leuven, Melissa Newham von der ETH Zürich und Jan Malek vom Beratungsunternehmen ECA weltweit exemplarisch alle Übernahmen auf dem Markt für Antidiabetika seit 1997 ausgewertet. 186 Übernahmen wurden identifiziert. Nur sechs dieser Übernahmen gingen von den Marktführern für Antidiabetika aus. Zwei Drittel der Übernahmen tätigten hingegen kleine, forschungsorientierte Unternehmen, die kein eigenes Diabetes-Produkt auf dem Markt hatten.
"Am Mythos der Killer-Akquisitionen, demnach große Pharmafirmen durch Übernahmen kleine Firmen vom Markt drängen, ist nach unserer Analyse nicht viel dran", fasst Studienautor Jo Seldeslachts zusammen. "Zumindest auf dem Markt der Antidiabetika, einem sehr umsatzstarken und wachsenden Markt, werden die meisten Übernahmen von kleinen forschungsorientierten Firmen getätigt."
Marktführer setzen mehr auf eigene Forschung als auf Zukäufe
Die Marktführer, die jeweils einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent bei Antidiabetika haben, konzentrieren sich mehr auf ihre eigene Forschung. Dies lässt sich an dem Verhältnis zwischen erworbenen Diabetes-Projekten und eigens entwickelten Diabetes-Projekten in ihrem Portfolio ablesen. Nur drei Prozent der Transaktionen zwischen 1997 und 2017 wurden von den Marktführern getätigt, sie halten aber 13 Prozent aller Diabetes-Projekte. Anders sieht das beispielsweise bei kleinen Pharmaunternehmen aus, die weniger als ein Prozent Marktanteil im Pharmabereich und noch kein Diabetes-Produkt auf dem Markt haben. Sie arbeiten selbst an 19 Prozent aller Diabetes-Entwicklungen, haben aber auch 30 Prozent hinzugekauft, fast ausnahmslos kleine forschungsorientierte Firmen. "Um Diabetes-Projekte zur Markttreife zu bringen, braucht es gerade in der letzten Phase große finanzielle Ressourcen. Kleinen Firmen verschafft der Verkauf eines Projekts die notwendigen finanziellen Mittel, um ihre Forschung fortzusetzen", weiß DIW-Ökonom Seldeslachts. Außerdem können diese Übernahmen geistige Ressourcen, Technologien und Fachwissen bündeln und so die Entdeckung und Entwicklung neuer Therapien beschleunigen.
"Unsere Analyse schließt nicht aus, dass es auf dem wichtigen Markt der Antidiabetika nicht auch Killer-Akquisitionen gibt, aber die Wettbewerbsbehörden sollten sich nicht allein darauf fokussieren", merkt Studienautor Seldeslachts an. Bisher haben die Wettbewerbsbehörden in den USA oder Europa bei Übernahmen lediglich die Übernahmen von Projekten kurz vor der Markteinführung im Blick. Meist unbemerkt bleiben aber Übernahmen von Unternehmen, deren Projekte weit von der Markteinführung entfernt sind. Und auch ihr Potenzial ist viel schwieriger zu beurteilen. "Um die potenziellen Auswirkungen von Transaktionen auf den Innnovationsmärkten zu bewerten, müssen die Wettbewerbsbehörden bessere Instrumente einsetzen", empfiehlt DIW-Ökonom Seldeslachts. Und diese Instrumente gibt es bereits: "Den Projekten liegen meist Patente zu Grunde. Anhand der Textanalyse dieser Patente kann beurteilt werden, wie die Projekte auf den Innovationsmärkten positioniert sind, wie sie relativ zueinanderstehen und welche Effekte eine Übernahme hätte."
Die Pharmaindustrie, eine der forschungsintensivsten Branchen weltweit, ist ein hart umkämpfter Markt. Doch die meisten Übernahmen gehen entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nicht von den Großen der Branche aus, sondern von kleinen, forschungsorientierten Unternehmen. Dies ist das Ergebnis einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). DIW-Ökonom Jo Seldeslachts hat dazu mit Reinhilde Veugelers von der Universität Leuven, Melissa Newham von der ETH Zürich und Jan Malek vom Beratungsunternehmen ECA weltweit exemplarisch alle Übernahmen auf dem Markt für Antidiabetika seit 1997 ausgewertet. 186 Übernahmen wurden identifiziert. Nur sechs dieser Übernahmen gingen von den Marktführern für Antidiabetika aus. Zwei Drittel der Übernahmen tätigten hingegen kleine, forschungsorientierte Unternehmen, die kein eigenes Diabetes-Produkt auf dem Markt hatten.
"Am Mythos der Killer-Akquisitionen, demnach große Pharmafirmen durch Übernahmen kleine Firmen vom Markt drängen, ist nach unserer Analyse nicht viel dran", fasst Studienautor Jo Seldeslachts zusammen. "Zumindest auf dem Markt der Antidiabetika, einem sehr umsatzstarken und wachsenden Markt, werden die meisten Übernahmen von kleinen forschungsorientierten Firmen getätigt."
Marktführer setzen mehr auf eigene Forschung als auf Zukäufe
Die Marktführer, die jeweils einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent bei Antidiabetika haben, konzentrieren sich mehr auf ihre eigene Forschung. Dies lässt sich an dem Verhältnis zwischen erworbenen Diabetes-Projekten und eigens entwickelten Diabetes-Projekten in ihrem Portfolio ablesen. Nur drei Prozent der Transaktionen zwischen 1997 und 2017 wurden von den Marktführern getätigt, sie halten aber 13 Prozent aller Diabetes-Projekte. Anders sieht das beispielsweise bei kleinen Pharmaunternehmen aus, die weniger als ein Prozent Marktanteil im Pharmabereich und noch kein Diabetes-Produkt auf dem Markt haben. Sie arbeiten selbst an 19 Prozent aller Diabetes-Entwicklungen, haben aber auch 30 Prozent hinzugekauft, fast ausnahmslos kleine forschungsorientierte Firmen. "Um Diabetes-Projekte zur Markttreife zu bringen, braucht es gerade in der letzten Phase große finanzielle Ressourcen. Kleinen Firmen verschafft der Verkauf eines Projekts die notwendigen finanziellen Mittel, um ihre Forschung fortzusetzen", weiß DIW-Ökonom Seldeslachts. Außerdem können diese Übernahmen geistige Ressourcen, Technologien und Fachwissen bündeln und so die Entdeckung und Entwicklung neuer Therapien beschleunigen.
"Unsere Analyse schließt nicht aus, dass es auf dem wichtigen Markt der Antidiabetika nicht auch Killer-Akquisitionen gibt, aber die Wettbewerbsbehörden sollten sich nicht allein darauf fokussieren", merkt Studienautor Seldeslachts an. Bisher haben die Wettbewerbsbehörden in den USA oder Europa bei Übernahmen lediglich die Übernahmen von Projekten kurz vor der Markteinführung im Blick. Meist unbemerkt bleiben aber Übernahmen von Unternehmen, deren Projekte weit von der Markteinführung entfernt sind. Und auch ihr Potenzial ist viel schwieriger zu beurteilen. "Um die potenziellen Auswirkungen von Transaktionen auf den Innnovationsmärkten zu bewerten, müssen die Wettbewerbsbehörden bessere Instrumente einsetzen", empfiehlt DIW-Ökonom Seldeslachts. Und diese Instrumente gibt es bereits: "Den Projekten liegen meist Patente zu Grunde. Anhand der Textanalyse dieser Patente kann beurteilt werden, wie die Projekte auf den Innovationsmärkten positioniert sind, wie sie relativ zueinanderstehen und welche Effekte eine Übernahme hätte."
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Pressekontakt:
Petra Jasper
Pressesprecherin
+49 30 89789 - 152
pjasper@diw.de