Deutscher Gewerkschaftsbund|29.06.2023

PRESSEMITTEILUNG

Kritik an Pflegereform
Breites Bündnis warnt vor zunehmender Armut durch Pflege

Berlin (kkdp)·Kurz vor Inkrafttreten der jüngsten Pflegereform am 1. Juli 2023 warnt ein breites Bündnis aus Sozial-, Wohlfahrts- und Pflegeverbänden sowie Gewerkschaften vor zunehmender Armut pflegebedürftiger Menschen. Das Bündnis fordert in einem Aufruf an die Bundesregierung, mit einer Pflegevollversicherung gegenzusteuern.

"Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass das Risiko, im Falle von Pflegebedürftigkeit von Armut betroffen zu sein, immer weiter steigt", heißt es in dem Aufruf. "Immer weniger Menschen können sich die eigene Pflege leisten." Das Bündnis mahnt, dass die Pflegeversicherung mittlerweile ihren Zweck verfehlt und kritisiert, dass die Bundesregierung auch mit der jüngsten Pflegereform keine wirklichen Lösungsvorschläge präsentiere. "Eine langfristig wirksame, tragfähige und für alle verlässliche Lösung bietet einzig eine Vollversicherung in der Pflege", so die Organisationen in dem Aufruf.

Eine solche Pflegevollversicherung müsse alle pflegebedingten Kosten übernehmen - unabhängig davon, ob es sich um stationäre oder ambulante Pflege handle: "Sämtliche durch einen unabhängigen pflegerischen-medizinischen Dienst für bedarfsgerecht erachtete Pflegeleistungen müssen in vollem Umfang und ohne Eigenanteile vollständig von den Kassen finanziert werden", so die gemeinsame Forderung des vom Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di initiierten Bündnisses mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), Sozialverband Deutschland (SoVD), Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen, Deutschen Frauenrat, BIVA-Pflegeschutzbund, Volkssolidarität und AWO.

Anja Piel, DGB-Bundesvorstandsmitglied: "Die aktuelle Pflegereform löst leider nicht alle Probleme pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen. Dauerhaft zu wenig Geld in der Pflegeversicherung bedeutet auch dauerhaft weniger Leistungen für die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Weil wir erfreulicherweise immer älter werden, sind wir absehbar auf mehr Menschen für die Pflege angewiesen. Da sich aber wegen Überlastung und schlechter Bedingungen der Fachkräftemangel in der Pflege immer weiter verschärft, muss die Ampel jetzt einen Schritt nach vorn wagen. Die Soziale Pflegeversicherung muss endlich zu einer Pflegebürgerversicherung weiterentwickelt werden, die sämtliche Pflege-Kosten übernimmt."

Zum Hintergrund: Angesichts stark steigender Eigenanteile in der Pflege ist inzwischen fast ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen auf Sozialhilfe angewiesen. Für Pflegebedürftige, die bis zu zwölf Monate im Pflegeheim versorgt werden, fallen ab Mitte 2023 im Durchschnitt rund 2.700 Euro an, die aus eigener Tasche aufzubringen sind. Das liegt deutlich über dem durchschnittlichen Einkommen älterer Menschen. Das Bündnis drängt vor diesem Hintergrund auf einen Ausbau der Pflegeversicherung zu einer solidarischen Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt. In dem Aufruf des Bündnisses heißt es dazu: "Wenn alle pflegebedingten Kosten künftig von der Pflegeversicherung übernommen und die Ausbildungskosten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus Steuermitteln finanziert würden - wie im Koalitionsvertrag vereinbart -, halbierten sich die von den Pflegeheimbewohner*innen selbst aufzubringenden Kosten."

Der gemeinsame Aufruf des Bündnisses ist der Auftakt für weitere gemeinsame Aktivitäten für eine solidarische Pflegevollversicherung.

Pressekontakt:

Nora Neye
Pressesprecherin
Telefon 030.24 060-212
Mobil 0151.68842016
E-Mail nora.neye@dgb.de


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