Referentenentwurf
Milliardendefizit in der Pflege: Beitragssatz soll ab Juli um bis zu 0,6 Punkte steigen
24.02.2023·Zum 01.07.2023 soll der reguläre Beitragssatz in der Pflegeversicherung um 0,35 Punkte steigen. Hinzu kommt die Anhebung des Zuschlags für Kinderlose um 0,25 Punkte. Mit den Mehreinnahmen sollen das aktuelle Milliardendefizit ausgeglichen und mehrere Leistungsanhebungen finanziert werden. Dies berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf einen ihr vorliegenden Referententwurf des BMG zu einem "Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege".
Neu: Beitragsstaffel nach Anzahl der Kinder
Mit dem als Referentenentwurf vorliegenden Gesetz soll auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus Mai 2022 umgesetzt werden. Danach müssen die Beiträge zur Pflegeversicherung den Aufwand für die Kindererziehung spätestens ab 31.07.2023 stärker berücksichtigen (vgl. "Links zum Thema"). Geplant ist laut Entwurf, dass Eltern auf den Beitragssatz zur Pflegeversicherung ab dem zweiten und bis zum fünften Kind jeweils einen Abschlag von 0,15 Beitragspunkten erhalten - insgesamt also maximal 0,6 Punkte weniger zahlen.
Leistungsanhebungen geplant
Zusammen mit der Beitragserhöhung sollen auch Leistungen angehoben werden. So sehe der Entwurf vor, dass das Pflegegeld und die Sachleistungsbeträge zum 01.01.2024 um fünf Prozent steigen sollen. Geplant ist zudem die Entlastung von Pflegebedürftigen in Heimen durch höhere Leistungszuschläge bei den Eigenanteilen. Diese sollen um fünf bis zehn Prozent steigen. Die für 2024 vorgesehene Dynamisierung der Geld- und Sachleistungen in der Pflege anhand der allgemeinen Preisentwicklung werde angesichts des aktuellen Kostendrucks um ein Jahr auf den 01.01.2025 verschoben. Die nächste Dynamisierung würde dann zum 01.01.2028 folgen.
Milliardendefizite für 2022 und 2023
Bereits 2022 hat die Pflegeversicherung ein Defizit von 2,25 Milliarden Euro eingefahren, für 2023 wird ein Fehlbetrag von rund drei Milliarden Euro erwartet. Wesentliche Kostentreiber seien dem Bericht nach die wachsende Zahl Pflegebedürftiger sowie steigende Ausgaben durch die gesetzlich vorgeschriebene Bezahlung der Pflegekräfte nach Tarif. Auch habe der Bund bisher die Mehrkosten durch die Corona-Pandemie in Höhe von insgesamt 5,5 Milliarden Euro nicht erstattet. Vor diesem Hintergrund hatten sich die Verbände der Kranken- und Pflegekassen sowie die großen Sozialverbände nach RND-Information in einem gemeinsamen Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gewendet und die Bundesregierung aufgefordert, das entstandene Defizit mit Steuermitteln auszugleichen.
Verbände fordern Zuschuss aus Steuergeldern
Alleine für das laufende Jahr betrage der Finanzbedarf zur kurzfristigen Stabilisierung der Pflegeversicherung mindestens 4,5 Milliarden Euro. Die Finanzierung dieser zu einem großen Teil gesamtgesellschaftlichen Aufgabe solle laut Verbänden nicht ausschließlich zu Lasten der Beitragszahler erfolgen. Lauterbach, der sich mit dem Referentenentwurf nun offenbar doch für eine Finanzierung aus Beitragsmitteln entschieden hat, hatte das Schreiben der Verbände laut RND nur nachrichtlich erhalten, nicht aber als Adressat.
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