Gegen breite Kritik
Kabinett beschließt GKV-Finanzreform
01.08.2022·Das Bundeskabinett hat am 27.07.2022 den Entwurf eines Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, GKV-FinStG) beschlossen. Krankenkassen, Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser und Pharmahersteller kritisieren den Entwurf als unzureichend und mit falschen Schwerpunkten versehen. Sie hatten sich gegen dessen Umsetzung ausgesprochen. Kassenverbände fordern nun das Parlament auf, die "Reißleine" zu ziehen.
Zu den Hauptmaßnahmen zählen ein "ergänzender Bundeszuschuss" für 2023 in Höhe von 2 Milliarden Euro (2022: 14 Milliarden Euro) und ein Darlehen des Bundes in Höhe von 1 Milliarde Euro an den Gesundheitsfonds. Mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich werden zudem die Finanzreserven der Krankenkassen mit rund 4 Milliarden Euro sowie Mittel aus dem Gesundheitsfonds in Höhe von 2,4 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen.
Die Bestandteile der GKV-Finanzreform:
Konkret sieht der Entwurf insbesondere folgende Inhalte vor:
Breite Kritik am GKV-FinStG-Entwurf Lauterbachs
Bereits im Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf hatten Krankenkassen, Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser und Pharmahersteller die geplanten Maßnahmen über schriftliche Stellungnahmen scharf kritisiert. Nach dem Kabinettsbeschluss fordern die Kassenverbände nun das Parlament auf, die "Reißleine" zu ziehen und das Gesetz zu stoppen. Hauptkritik ist, dass der vorgelegte GKV-FinStG-Entwurf keinerlei Verbesserungen enthalte. Mit mehr als 11 Milliarden Euro sollten nach wie vor die Beitragszahler den Löwenanteil des für 2023 erwarteten Finanzlochs von 17 Milliarden Euro tragen. Der AOK-Bundesverband kritisiert das Gesetz als "kosmetische Anpassung": "Dieses Gesetz enthält keinerlei Maßnahmen für eine kurz- oder langfristige Stabilisierung der GKV-Finanzen. Beiträge werden hochgeschraubt, Rücklagen eingezogen und Schulden gemacht", betont Vorstandsvize Jens Martin Hoyer.
Kritik übten auch die Ärzteverbände, -vereinigungen und Apotheker. Patienten müssten sich auf Aufnahmestopps in Praxen und lange Wartezeiten auf Arzttermine einstellen, so der Virchowbund.
Ähnlich kritisiert die Pharmaindustrie das geplante Gesetz. "Wir treten seit Jahren für die Abschaffung des innovations- und mittelstandsfeindlichen Preismoratoriums und für neue faire Ausschreibungsbedingungen bei den Rabattverträgen ein, um eine leistungsfähige Pharmaindustrie in Europa zu erhalten. Unsere Kosten für Energie, Rohstoffe und Wirkstoffe explodieren, die Personalkosten steigen. Die Antwort der Bundesregierung darauf ist eine Erhöhung der Herstellerabschläge und eine Verlängerung des Preismoratoriums. Als einziger Wirtschaftszweig haben wir damit keine Möglichkeit, Kostensteigerungen weiterzugeben", so der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI).
- GKV-FinStG / Finanzlücke wird 2023 deutlich höher ausfallen
- PDF-Download: GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (extern, 766 KB)
- Kassenverbände fordern dringend Nachbesserungen am GKV-FinStG
- IGES-Analyse: Finanzlücke steigt bis 2025 auf 30 Milliarden Euro
- Defizit der Kassen erhöht sich 2023 stärker als erwartet
- GKV-FinStG: Zusatzbeitragssatz soll um 0,3 Prozentpunkte steigen
GKV-Newsletter - "einfach" informiert bleiben
Der kostenfreie Infoservice zur GKV und Gesundheitspolitik