
Push für die elektronische Patientenakte (ePA)
Bundesgesundheitsminister Lauterbach legt Digitalisierungsstrategie vor
11.03.2023·Bis zum Jahr 2025 sollen 80 Prozent der gesetzlich Versicherten über eine elektronische Patientenakte (ePA) verfügen. Zudem sollen 80 Prozent der ePA-Nutzer, die in medikamentöser Behandlung sind, bis Ende 2025 über eine digitale Medikationsübersicht verfügen. Und bis Ende 2026 sollen mindestens 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten durch das neue Forschungsdatenzentrum Gesundheit realisiert werden. Diese Ziele nennt die "Digitalisierungsstrategie für Gesundheit und Pflege", die Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach am 09.03.2023 in Berlin vorgelegt hat.
Die Gesetzesvorhaben im Einzelnen
Das Digitalgesetz
Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG)
Krankenkassen kritisieren Verstaatlichung der gematik
Neben einer grundsätzlichen Zustimmung zur vorgelegten Digitalsierungsstrategie übten die Krankenkassen deutliche Kritik am vorgesehenen Umbau der gematik in eine Digitalagentur, die zu 100 Prozent Eigentum des Bundes sein soll. Trotzdem solle die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) aber zu 100 Prozent die Kosten übernehmen, kritisiert Dr. Jörg Meyers-Middendorf vom Ersatzkassenverband vdek: "Diese Verstaatlichung der gematik lehnen wir ab. Der Staat bestimmt und die GKV soll zahlen - so geht das nicht. Eine Digitalagentur muss von der gemeinsamen Selbstverwaltung getragen werden, damit die Interessen der Versicherten, Leistungserbringer und Beitragszahler adäquat vertreten werden."
Die geplante Fahrplan zur Einführung der ePA ab Juli 2024 wird von den Kassen begrüßt. "Entscheidend ist, dass die Änderungen nicht nur auf dem Papier gut klingen, sondern auch zügig Einzug in den Praxisalltag finden. Wir brauchen dringend eine schnelle Umsetzung", so Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK). Das geplante Opt-Out-Verfahren sei eine notwendige Voraussetzung dafür, dass sich die ePA flächendeckend im Gesundheitswesen etablieren kann und genutzt wird, so der vdek. Wichtig dabei sei, dass die ePA auch regelmäßig von Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken und anderen Leistungserbringern befüllt werde.
Ärzte: Einführung der ePA ab Juli 2024 unrealistisch
Als unrealistisch bezeichnet dagegen die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den vorgestellten Zeitplan zur Einführung der ePA. Mit Blick auf die noch fehlenden konkreten inhaltlichen Vorgaben, die daraus abgeleiteten technischen Festlegungen und ihre datenschutzkonformen Implementierungen in den IT-Systemen, sei eine verpflichtende Einführung ab 01.07.2024 für jeden "erkennbar unrealistisch", heißt es in einer Stellungnahme des KBV-Vorstandes. Es sei unbedingt zu vermeiden, dass die ePA als Folge unrealistischer Termine unausgereift durchgesetzt und die Akzeptanz dieser wichtigen Anwendung bei Ärzten und Patienten nachhaltig beschädigt wird. Die Opt-out-ePA müsse für Patienten leicht nutzbar sein und die Arbeit in den Praxen erleichtern.
Zahnärzte und Kliniken bemängeln Interoperabilität
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) mahnt angesichts der von Lauterbach gesteckten Ziele ein finales und konsentiertes Datenkonzept zur ePA an. Dieses, so KZBV-Vorstandschef Dr. Wolfgang Eßer, sei die Voraussetzung zur Entwicklung der für die Interoperabilität von IT-Systemen zwingend notwendigen Softwareprogramme, ohne die weder eine weitestgehend automatisierte Datenbefüllung noch Datenextraktion der ePA möglich sein wird.
Zudem müssten auch die finanziellen Grundlagen geschaffen werden, um die in der Digitalisierungsstrategie genannten Ziele umzusetzen, fordert Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Gerade die Umsetzung der ePA verursache in den Krankenhäusern, bezogen auf Interoperabilität und Sicherheit der Daten, enormen Aufwand. "Die Mär, dass man mit Digitalisierung Geld sparen kann, ist angesichts des Fachkräftemangels und der mit dem KHZG enorm gestiegenen Kosten für digitale Lösungen im Krankenhaus schon heute widerlegt", so Gaß.
Informationsdefizite zur ePA bei Versicherten
Eine Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom im Oktober 2022 hatte ergeben, dass sich 59 Prozent der Menschen ab 16 Jahren in Deutschland vorstellen können, die ePA künftig zu nutzen. 37 Prozent können sich dies nicht vorstellen, weniger als 1 Prozent nutzt sie bereits. Die große Mehrheit von 79 Prozent aller Deutschen möchte vor allem besser über die Vorteile sowie die Nutzung der ePA informiert werden.
- Download der Digitalisierungsstrategie (PDF, 4.1 MB)
- BMG-Informationsseite zur Digitalisierungsstrategie
- bitkom: 79% der Deutschen wünschen mehr Infos zur ePA
- Kritik an BMG: Pharma-Manager wird neuer Chef der gematik
- TSVG 2019: vdek gegen die Verstaatlichung der gematik
- Inhalte des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG)
- GKV-Spitzenverband: Rückenwind für die Digitalisierung
- vdek für Opt-out bei ePA / Verstaatlichung der gematik inakzeptabel
- AOK-BV: "Zentralschalter zur Beschleunigung heißt Opt-Out"
- TK-Chef zur Digitalstrategie des BMG
- BKK Dachverband begrüßt Digitalisierungsstrategie des BMG
- Digitalisierung: Kliniken fordern nachhaltige Finanzierung
- KBV lehnt unrealistischer Konzepte zur ePA ab
- KZBV bezweifelt Praxistauglichkeit der Digitalisierungsstrategie

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