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Deutliche Beitragserhöhung erwartet

Pflegeversicherung vor dem Kollaps - Kassen fordern Rückzahlungen vom Staat

08.10.2024·Die soziale Pflegeversicherung (SPV) befindet sich in einer tiefen finanziellen Krise. Schon im Februar 2025 könnte sie zahlungsunfähig sein, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montag unter Berufung auf Regierungskreise. Erwartet wird nun eine deutliche Beitragserhöhung. Dies müsste nicht sein, so die Kassen, wenn der Staat nicht milliardenschwere Rückzahlungen an die Pflegeversicherung schuldig bliebe.

Zuletzt wurde der Beitragssatz in der Pflegeversicherung mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) zum 01.07.2023 um 0,35 Punkte auf 3,4 Prozent bzw. um 0,6 Punkte auf 4,0 Prozent für Kinderlose erhöht. Kassen- und Verbraucherverbände kritisierten die Anhebung, da diese politisch begründet seien. Der Staat übertrage den Beitragszahlern unter Inkaufnahme steigender Beitragssätze seit Jahren die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben, die ordnungspolitisch richtig aus Steuergeldern zu tragen seien.

Ein weiteres Problem sind teure Reformen und die dynamisch steigenden Leistungsausgaben. Experten und Verbände warnen schon seit Monaten vor dem wachsenden Defizit. Laut Schätzungen der Pflegekassen wird dieses für 2024 bei 1,8 Milliarden Euro und 2025 bei bis zu 5,8 Milliarden Euro liegen. Eine Beitragserhöhung um mindestens 0,25 bis 0,3 Prozentpunkte gilt vor diesem Hintergrund als unvermeidlich.

Kassen fordern vom Staat Rückzahlung von Beitragsgeldern

Vor dem Hintergrund der finanziellen Schieflage der SPV fordern die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen und Pflegekassen die Ampelregierung in einer gemeinsamen Erklärung auf, unverzüglich für finanzielle Stabilität zu sorgen. Dazu gehöre zwingend, der SPV die noch ausstehenden Mehrkosten aus der Corona-Pandemie in Höhe von mindestens sechs Milliarden Euro unverzüglich zurückzuzahlen. Die gesetzlich vorgesehene Erstattung pandemiebedingter Kosten sei nicht im vollen Umfang erfolgt. Ein Rechtsgutachten der Juristin Prof. Dagmar Felix im Auftrag der DAK habe eindeutig gezeigt, dass der Bund zu Unrecht auf die Beitragsgelder der SPV zurückgegriffen hat, um Maßnahmen der Pandemie wie Corona-Tests, Pflege-Boni etc. zu bezahlen.

Kritik an Untätigkeit des Bundesgesundheitsministers

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht nun massiv unter Druck, Lösungen zu präsentieren. Die Kranken- und Pflegekassen sowie deren Verbände kritisieren, dass die versprochenen Reformen verschleppt worden seien. Zudem bleibe der Ausgleich pandemiebedingter Kosten, der im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, weiterhin aus. Auch die Übernahme der Rentenbeiträge für pflegende Angehörige, die die Pflegekassen jährlich mit etwa 4 Milliarden Euro belastet, werde nicht umgesetzt. Laut den Verbänden wäre die SPV längst stabiler aufgestellt, wenn die Regierung diese für die SPV versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln finanzieren würde.

Teuerster Gesundheitsminister seit Jahrzehnten

Angesichts der nun eingetretenen Finanzierungskrise müssen sich die Versicherten jedoch erneut auf erhebliche Mehrkosten einstellen. Neben der Pflegeversicherung ist auch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Beitragserhöhung um 0,7 Prozentpunkte zu erwarten (vgl. "Links zum Thema"). Dies könnte zu einem der stärksten Anstiege der Sozialbeiträge seit zwei Jahrzehnten führen. Kritiker warnen, dass die Beitragszahler dadurch übermäßig belastet werden, insbesondere jüngere Generationen, während gut situierte Rentnerhaushalte weniger betroffen sind. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) fordert daher einen nachhaltigen Umbau des Systems, unter anderem durch den Ausbau privater Pflegevorsorge (vgl. "Links zum Thema").

Lauterbachs politische Bilanz im Bereich der GKV und SPV ist damit ernüchternd. Notwendige Reformen verharren im Status "angekündigt" während die Probleme seit Langem bekannt sind. Ohne rasches Handeln droht eine weitere Belastungswelle für die Beitragszahler, die sich über die Lohnnebenkosten auch negativ auf den Wirtschaftsstandort Deutschland auswirken.

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Dies ist ein Ausdruck aus www.krankenkassen-direkt.de
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© 2000-2024 Redaktion kkdirekt; alle Rechte vorbehalten, alle Angaben ohne Gewähr.

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